Parteienfinanzierung: Österreichs Milchglas-Politik

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Transparenz gilt als zentrales Regierungsversprechen. Doch das Ringen um das Parteiengesetz offenbart die Mühen der Ebene.

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Transparenz gilt als zentrales Regierungsversprechen. Doch das Ringen um das Parteiengesetz offenbart die Mühen der Ebene.

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Einen „gläsernen Staat statt gläserner Bürger“ hatte der ehemalige Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz dereinst versprochen. Und tatsächlich haben sich Volkspartei und Grüne 2020 in ihrem Regierungsprogramm hinsichtlich politischer Durchsichtigkeit einiges vorgenommen: „Transparenz ist ein entscheidender Faktor eines demokratischen Gemeinwesens“, heißt es ganz vorne im gemeinsamen Papier. „Daher werden wir das Wahlrecht zeitgemäß modernisieren und vollständige Transparenz der Parteien und vor allem im Bereich der Parteienfinanzierung herstellen.“

Die jüngsten Affären im Umfeld der ÖVP – kulminiert in der Weigerung des Rechnungshofs, die (ohnehin verspätete) Wahlkampfkostenaufstellung für das Jahr 2019 für plausibel zu halten – haben die Dringlichkeit dieses Vorhabens drastisch verschärft. Doch beim Versuch, die Pläne in Gesetze zu gießen, zeigen sich die Mühen der Ebene.

Das versprochene Informationsfreiheitsgesetz lässt weiter auf sich warten (vgl. Seite 4). Und um das geplante Parteiengesetz, das ab 1. Jänner 2023 endlich mehr Licht in die Parteikassen bringen soll, wird gerade heftig gerungen: Am 27. April wurde via Initiativantrag ein Entwurf im Nationalrat eingebracht und dem Verfassungsausschuss zugewiesen. Mittwoch dieser Woche hätte man sich einigen wollen, doch es sollte nicht dazu kommen. Erst in zwei Wochen, bei der nächsten Plenar­sitzung, könnte es so weit sein.

Einblick ja – aber bitte nicht zu detailliert!

Doch was ist überhaupt geplant? Und vor allem: Was fehlt? Mathias Huter, Obmann des Forums Informationsfreiheit sowie Transparenz- und Anti-Korruptions-Aktivist, zieht vorerst eine differenzierte Bilanz. Die wesentlichste größte Neuerung sei zweifellos, dass der Rechnungshof künftig erstmals eigene Prüfer in die Parteien schicken können soll, statt dies wie bisher nur über den Umweg der Bestellung externer Rechnungsprüfer tun zu dürfen. „Wie man am Beispiel der ÖVP sieht, kann sich ein solcher Prozess ja über viele Monate und Jahre hinziehen“, erklärt Huter im FURCHE-Gespräch.

Erfreulich sei auch das geplante neue Parteienregister, durch das künftig die Statuten und Kontaktpersonen der Parteien öffentlich nachvollziehbar werden. Ebenso positiv bewertet er, dass die Parteien künftig nicht nur über ihre Einnahmen und Ausgaben, sondern auch über ihre Vermögens- und Schuldenstände Bilanzen legen müssen. Bei der Frage, wie diese Vermögensbilanz auszusehen habe, liege freilich noch der Teufel im Detail: „In Deutschland müssen sämtliche Firmenbeteiligungen im Detail bewertet werden, dasselbe gilt für Immobilienbesitz, hier reicht nicht nur die Adresse eines Grundstücks.“ Dieser hohe Detailgrad (inklusive Wertschwankungen von Gold oder Kryptowährungen) wäre auch für Österreich wesentlich.

Kritik übt Huter daran, dass die Parteien künftig zwar früher ihre Wahlkampffinanzen offenlegen müssen (konkret bis sechs Monate nach einer EU- oder Nationalratswahl), demokratiepolitisch wünschenswert wäre dies aber schon vor dem Urnengang. Kalkulierte Fehlinformationen im Sinne einer Wählertäuschung müssten dabei streng sanktioniert werden. Schmerzlich fehle im Entwurf, dass illegale Parteienfinanzierung nach wie vor kein Straftatbestand sei (wie etwa in Deutschland oder Frankreich) – und vor allem, dass viele parteinahe Vereine wie auch Parteiakademien von diesen Transparenzregeln gar nicht erfasst würden. „Hier muss das Netz deutlich breiter ausgeworfen werden, um Umgehungen zu unterbinden“, so Huter. Erst dann zeigt sich, ob sich der „gläserne Staat“ weiter hinter Milchglas verbirgt oder nicht.

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