Platters Mahnruf: Ende der Veto-Politik

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Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) äußert im FURCHE-Interview starke Zweifel an der Heeresreform: "So, wie es geplant ist, wird das | nicht umsetzbar sein“ - Landeshauptleute drängen auf einfachere Verwaltung: "Es muss nicht alles von Wien aus organisiert werden“

Die Bundesregierung arbeite besser, als es ihr derzeitiger Ruf vermuten lasse, meint Tirols Landeshauptmann Günther Platter im FURCHE-Interview. Allerdings sollten beide Regierungsparteien die Veto-Politik beenden und "die Dinge erledigen“. Unterbleibe dies, dann würden jene "zusätzlichen Rückenwind bekommen, die für den Moralverlust der Politik verantwortlich sind, nämlich die FPÖ“, sagt Platter.

Die Furche: Sie haben in der Heeresdebatte von Verteidigungsminister Norbert Darabos eine Standortgarantie und ein Gespräch verlangt. Kam es dazu?

Günther Platter: Das Gespräch hat bei der Landeshauptleute-Konferenz stattgefunden. Meine Forderung waren eine Standortgarantie für Kasernen und die Erhaltung der Militärkommanden, damit Katastropheneinsätze vor Ort organisiert werden. Und ich forderte ausreichend Soldaten für diese Einsätze. Minister Darabos hat alles zugesagt. Allerdings sei die Wehrpflicht abzuschaffen. Da frage ich: Wer sind dann die Soldaten? Wie das funktionieren wird, ist mir nicht klar.

Die Furche: Der Verteidigungsminister rechnet mit Freiwilligen.

Platter: Beim Hochwasser in Nieder- und Oberösterreich vor zehn Jahren waren 13.000 Soldaten im Einsatz, beim Hochwasser 2005 alleine in Tirol 3500. Diese Einsätze erfordern längeres Durchhaltevermögen. Die vielen wertvollen Freiwilligen müssen nach wenigen Tagen wieder arbeiten gehen. Aber der Verteidigungsminister hat zugesagt, es werden ausreichend Kräfte zur Verfügung stehen. Wie er das schafft, ist seine Angelegenheit. Es fragt sich nur: Welche Auswirkungen hat die Abschaffung der Wehrpflicht? Es war unklug, ohne ein gescheites Konzept vorzupreschen. Das Ganze wird so nicht umsetzbar sein.

Die Furche: Besteht bezüglich der Standortgarantien Konsens unter den Landeshauptleuten?

Platter: Die Landeshauptleute haben sich nicht hinsichtlich der Wehrpflicht festgelegt, sondern nur in den Eckpunkten, die ich skizziert habe. Bei der nächsten Konferenz muss der Verteidigungsminister erläutern, wie die von ihm gegebene Garantie eingehalten werden kann. Das alles kann nicht einsam in einer Parteistube gemacht werden, auch nicht von einer Partei alleine, weil es um Sicherheit und Verantwortung für den Staat geht.

Die Furche: Konzepte und Gemeinsamkeit fehlen auch anderorts, in der Bildungspolitik etwa.

Platter: Die Bundesregierung ist besser als ihr Ruf. Die Spitzen arbeiten gut zusammen, auch mit den Ländern, siehe Stabilitätspakt und Pflegefonds. Aber es ist notwendig, die Zukunftsfragen etwa in der Bildung und an den Universitäten zu lösen. Die Veto-Politik muss von beiden Seiten beendet werden. Man muss über den Schatten springen, nicht wegen des Kuhhandels, sondern wegen eines Kompromisses. Wenn man nicht die Mehrheiten hat, dann ist es die verdammte Pflicht einer Koalition, sich anzunähern. In Bildung und Wissenschaft geht es nicht um die jeweilige Partei sondern um die Jugend. Hinsichtlich der Schule haben wir ja in den meisten Regionen mit der Hauptschule schon eine gemeinsame Schule. Die ÖVP hat sich schon bewegt. Die Neue Mittelschule ist einzuführen. Wenn sie sich bewährt, wird man den nächsten Schritt machen können in Richtung gemeinsamer in sich differenzierter Schule. Bezüglich der Universitäten benötigen wir - bei allem Bekenntnis zu notwendiger Internationalität - eine Beschränkung beim Zugang sowie eine sozial gestaffelte Studiengebühr. Auch hier ist die Veto-Politik aufzugeben.

Die Furche: Die Bundesländer machen parteiübergreifend Druck?

Platter: Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ; Anm.) und ich sind derselben Meinung, was die Bildung und die Universitäten betrifft. Es sind sehr viele konstruktive Kräfte da, die warnen und sagen, bitte, seht nicht alles durch die Parteibrille. Aber es scheint so zu sein, dass die Offenheit bei bestimmten Themen in den Ländern größer ist als auf Bundesebene. Die Koalition muss in der Bildung und der Wissenschaft einen offensiven Schritt setzen. Sonst profitieren andere, wie ich sagte. Das wünsche ich nicht.

Die Furche: Es bräuchte auch eine Verwaltungsreform?

Platter: Die Verwaltungsgerichte in den Ländern bringen Vereinfachungen. Doppelstrukturen werden abgebaut, Beschlüsse dazu folgen im Herbst. Wir können auf die Bezirksschulräte verzichten. In der Spitalsreform wollen die Länder voll miteinbezogen werden. Es muss nicht alles von Wien aus organisiert werden. Das ist falsch. Wir wissen, welche Strukturen wir brauchen. Und wir sind bereit, schmerzhafte Schritte zu setzen, wie eine Spitalsschließung zeigt.

* Das Gespräch führte Claus Reitan

Reform Die große Staatsreform fehlt, kleine Schritte werden gesetzt: Die Länder erhalten Verwaltungsgerichtshöfe. Weitere Reformen sollen im Herbst beschlossen werden, sagt Platter.

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