Politdrama Moskau-Rom

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Da wird der "Patriarch des Abendlandes" - so einer der Titel für den Papst - nicht müde zu betonen, wie sehr ihn danach verlange, den Patriarchen von Moskau und ganz Russland, das Oberhaupt der größten orthodoxen Kirche, zu treffen. Mit der letztwöchigen Entscheidung Roms, die vier Apostolischen Administraturen auf russischem Gebiet zu Diözesen zu erheben, und der darauf folgenden heftig ablehnenden Reaktion der russischen Orthodoxie*) ist klar: Johannes Paul II. und Aleksij II. werden einander nicht so schnell begegnen. Man mag darüber rätseln, warum der Vatikan diesen Schritt gerade jetzt setzte, wo die Bemühungen um eine Annäherung forciert zu werden schienen.

Es ist klar, nach europäischen Maßstäben haben auch die Katholiken in Russland das Recht, sich ihren kirchlichen Normen gemäß zu organisieren. Der säkulare Rechtsstaat kann keine Einschränkung der Glaubensfreiheit akzeptieren; zumindest Teile der russischen Orthodoxie sind hier noch vor-rechtsstaatlichem Denken verhaftet. Dennoch bleibt die Frage, ob Roms Vorgangsweise sich als klug erweist. Der Vatikan kann, wenn er will, langen Atem beweisen: So dauerte es 50 Jahre, bis die Apostolischen Administraturen Österreichs, die nach dem Zerfall der Donaumonarchie im Burgenland sowie in Tirol und Vorarlberg provisorisch errichtet worden waren, zu Diözesen erhoben wurden. Dass Rom diesen Schritt in Russland schon nach "kurzen" zehn Jahren vollzog, muss zu denken geben.

Im Verhältnis Moskau-Rom ist aber seit jeher viel mehr Politik im Spiel als in anderen ökumenischen Beziehungen und Konflikten. Es wird daher großen politischen Geschicks bedürfen, um die derzeitige Krise zu meistern. Auch die katholische Stiftung "Pro Oriente", die von Wien aus seit Jahrzehnten Kontakte nach Moskau aufrecht erhält, ist gefordert. "Pro Oriente" sucht und vermittelt dabei Begegnungen auf der zweiten Ebene und hilft so auch, manch auf der obersten Ebene zerschlagenes Porzellan wieder zu kitten. Dass dieser Tage Franz Fischler als einer der drei neuen "Pro Oriente"-Präsidenten vorgestellt wurde, darf als gutes Zeichen gelten: Im heiß-kalten Beziehungsgeflecht zwischen Moskau und Rom kann ein ausgebuffter Politprofi wie der EU-Kommissar kaum von Nachteil sein.

*) Seite 8 und Ökumene/S. 9 dieser furche

E-Mail: otto.friedrich@furche.at

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