Präsident im Unglück

Werbung
Werbung
Werbung

Thomas Klestil spielt in der österreichischen Innenpoltik eine Rolle, um die man ihn nicht beneiden muss: als Grüß-August, der von allen verhöhnt wird. Intensives Klestil-Bashing ist seit langem die weitaus billigste Möglichkeit, sich selbst als geistreicher Beobachter des politischen Geschehens zu präsentieren. Was sogar den ORF-Spaßmachern in Rundfunk und Fernsehen gelingt, kann so eine große intellektuelle Herausforderung nicht sein. Den Großteil der Satire liefert das Staatsoberhaupt ja leider selbst zu, durch eine unglückliche Mischung aus Arroganz, Pathos und Hilflosigkeit.

Die größte Ausdauer und die niedrigste Hemmschwelle im Klestil-Bashing haben die so genannten "enttäuschten Bürgerlichen", eine interessante Subkultur der ÖVP, deren kulturelle Bandbreite von der Wirtschaftskammer über den CV bis in die Eingeweide der abendländischen Besorgtheit reicht. Sie halten an sich viel auf bürgerlich gesittenes Benehmen, pflegen zum Teil sogar den spätaristokratischen Wiener Kanzleiton, machen aber in Sachen Klestil eine großzügige Ausnahme: Wenn es gegen den Bundespräsidenten geht, unterschreiten sie mühelos das Derbyniveau im Hanappistadion.

Rund um die runden Tische der letzten Tage hat sich eine neue Gruppe von Klestil-Bashern herausgebildet. Sie gehören allen Parteien an, Grüne sind darunter, Rote und auch Josef Broukal, und sie verhöhnen den Präsidenten, indem sie so tun, als hätte er etwas zu reden. Broukal etwa meinte jüngst, die Lage an den Universitäten sei eine derartige Katastrophe, dass der Präsident sofort einen runden Tisch einberufen müsste.

Für Thomas Klestil gilt seit Murphys Gesetz: What can go wrong, will go wrong. Sein Abschied aus dem Amt wird auch und vor allem für ihn selbst eine Erlösung sein.

Der Autor ist stellvertretender Chefredakteur der "Presse".

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung