Primärziel Integration

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Schrittweise Integration der Menschen, die seit Jahren in Österreich leben, hat klaren Vorrang vor Neuzuwanderung.

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Schrittweise Integration der Menschen, die seit Jahren in Österreich leben, hat klaren Vorrang vor Neuzuwanderung.

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Das Fremden-, das Aufenthalts- und das Asylgesetz wurden Anfang der neunziger Jahre geschaffen, um den politischen Veränderungen in Europa und den Migrationsbewegungen Rechnung zu tragen. Im Laufe der letzten Jahre haben sich die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen weiter verändert, weshalb der österreichischen Bundesregierung eine Anpassung und Novellierung des geltenden Rechts notwendig erschien.

Ausschlaggebend war auch, daß sich durch Fluchtbewegungen und Zuwanderung die Zahl der ausländischen Mitbürger in Österreich in den letzten zehn Jahren von 332.000 auf rund 760.000 Menschen erhöht hat. Das vordringlichste politische und gesellschaftliche Anliegen muß es daher sein, die Menschen, die Österreich zu ihrem Lebensmittelpunkt gewählt haben, zu integrieren. Aus diesem Grund haben wir das "Integrationspaket" erarbeitet, das mit Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist und die Einreise, den Aufenthalt und das Asylwesen neu regelt.

Dieses Integrationspaket wird von drei Säulen getragen: 1. Integration und mehr Rechtssicherheit für die bereits in Österreich lebenden ausländischen Mitbürger.

2. Neuzuzug von Arbeitskräften nach Österreich nur mehr in sehr beschränktem Ausmaß.

3. Das Asylgesetz gewährleistet, daß Menschen, die verfolgt werden, ein höchstes Maß an Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit in Österreich zu erwarten haben.

Im Mittelpunkt des Integrationspaketes stehen die Tausenden Menschen, die seit Jahren in Österreich leben. Wir wollen ihnen vor allem Rechtssicherheit und Integration anbieten. Die Regelungen nehmen ihnen die Angst, nach jahrelangem regulärem Aufenthalt in Österreich der Abschiebung ausgesetzt zu sein oder nicht mit ihrer Familie zusammenleben zu können. Daher ist die Aufenthaltsverfestigung einer der wichtigsten Bestandteile des Integrationspaketes. Integration heißt auch Beschäftigung. Ich bin der festen Überzeugung, daß es sozialer ist, zuerst den Menschen, die bereits seit Jahren in Österreich leben, die schrittweise Integration am Arbeitsmarkt zu ermöglichen, als Neuzuwanderung zuzulassen. Das Integrationspaket nimmt sowohl auf die Arbeitsmarktsituation als auch auf alle in Österreich Beschäftigten Rücksicht.

Es ist mir als Innenminister völlig bewußt, daß der Bereich der Fremdenpolitik und vor allem die Umsetzung und Vollziehung ein hochsensibler politischer, rechtlicher, öffentlicher Bereich ist, aber vor allem einer, in dem es um Menschen und ihre Schicksale geht. Daß jede Änderung des Rechts, sämtliche Entscheidungen im Fremden- und Asylbereich einschneidend für die betroffenen Menschen sind. Wir fassen in diesem Bereich Beschlüsse, die das Leben sowohl von ausländischen Mitbürgern wie auch von Österreichern nachhaltig beeinflussen.

Es ist eines meiner Prinzipien, das Fremdenwesen sowohl im rechtlichen Bereich wie auch im Vollzug so human wie möglich zu gestalten, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der beschränkten Aufnahmemöglichkeiten für Neuzuwanderung, die Österreich in den nächsten Jahren hat. Fremdenpolitik ist stets eine Gratwanderung zwischen größtmöglicher Humanität und Aufnahmebereitschaft der Mitbürger und des Landes. Aber: Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit - unabhängig davon, ob jemand die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder nicht - sind für mich und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenministeriums der oberste Grundsatz.

Ich versuche, in der Fremden- und Asylpolitik einen gerechten Weg zwischen vielen oft äußerst divergierenden Meinungen zu gehen und eine Brücke zwischen den Extremen zu schlagen. Wir haben mit den neuen Fremdengesetzen, meiner Ansicht nach, die derzeit beste Form beziehungsweise in manchen Fragen den besten Kompromiß erzielt. Ein Weiterdenken und eine Weiterentwicklung ist nach den Auswirkungen in der Praxis nicht ausgeschlossen. Es muß der Mensch im Zentrum dieser Gesetzgebung stehen.

Der Autor ist Innenminister der Republik Österreich.

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