Profitables Gewissen

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Geldgier und kurzsichtige Entscheidungen haben dem Image der Wirtschaftstreibenden erheblichen Schaden zugefügt. Die Etablierung von Unternehmenswerten und die Übernahme sozialer Verantwortung sollen nun das angeknackste Image reparieren.

Mag auch der Name in diesem Zusammenhang (noch) nicht vertraut klingen, der Sachverhalt ist allemal bekannt. Diesmal ist es der US-Getränkeriese Coca-Cola, der ins Visier des Staatsanwaltes geraten ist. Der Vorwurf: dubiose Praktiken bei der Verbuchung von Verlusten. Erinnerungen an die Pleite des US-Energiekonzerns Enron und den Telekom-Betreiber Worldcom werden wach. Doch es ist gar nicht nötig, in die Ferne zu schweifen, um auf die fatalen Folgen krimineller Machenschaften von Wirtschaftsbossen zu stoßen: Der Riegerbank-Skandal und die Bank Burgenland-Pleite sind den meisten ebenfalls noch im Gedächtnis. Das Vertrauen von Verbrauchern und Anlegern ist angeknackst. Und auch die heftige Kritik an der Globalisierung und ihren Folgen verlangt nach vertrauensbildenden Maßnahmen. Die werden nun ergriffen.

Das etwas sperrige Schlagwort dazu heißt "Corporate Social Responsibility" (CSR). Einfacher ausgedrückt: gesellschaftliche Verantwortung. Ab hier wird es aber schon wieder kompliziert. "Bei dem Begriff CSR geht es um eine integrative Sichtweise der gesamten unternehmerischen Verantwortung, von sozialen, ökologischen, natürlich bis hin zu ökonomischen Gesichtspunkten", erklärt Wilhelm Autischer, Projektleiter der Initiative "CSR-Austria", die von Wirtschaftsministerium, Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer getragen wird. Dass "CSR ein Begriff ist, der nicht leicht kommuniziert werden kann", ist Autischer durchaus bewusst. Er versucht es trotzdem. Ziel der Plattform sei es, erklärt er, das verloren gegangene Vertrauen von Verbrauchern und Investoren zu stärken und damit den Firmen, die sich zu verantwortungsbewusstem Handeln bekennen, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen.

Vielgelobtes Österreich

Dabei ist die Ausgangsposition hierzulande eine durchaus gute, wie eine soeben veröffentlichte Studie im Auftrag von CSR-Austria ergab. Denn die Unternehmensbefragung bescheinigt den heimischen Firmen großes soziales Engagement. So gaben drei Viertel der befragten Manager an, in ihrem Betrieb werde zusätzlich zu den allgemein gültigen gesellschaftlichen Wertvorstellungen ein unternehmesinternes Wertesystem gepflegt. Und sogar 97 Prozent unterstützen nach eigenen Angaben gemeinnützige Einrichtungen. Aber nur für ein Viertel war die Förderung des Unternehmenserfolges ein Grund für dieses Engagement.

Laut Wilhelm Autischer lassen die Studienergebnisse nur einen Schluss zu: "Die Unternehmen machen viel, es wird nur bisher nicht publik. Dadurch entsteht der Eindruck, es würde gar nichts passieren." Das Motte müsse daher künftig lauten: Tue Gutes und rede darüber.

CSR-Austria erarbeitet derzeit ein Leitbild mit dem Titel "Erfolg mit gesellschaftlicher Verantwortung", das Ende September der Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Autischer: "Damit wollen wir das ganze Spektrum der gesellschaftlichen Verantwortung aufzeigen und die Firmen motivieren, noch stärker in dem Bereich tätig zu sein." Die Themen, um die es dabei konkret geht, seien breit gefächert. Der Umgang mit Mitarbeitern sei ebenso Teil von CSR wie die Unterstützung sozialer Projekte im In- und Ausland oder der Umweltschutz.

Gerade für Unternehmen, die in Entwicklungsländern tätig sind, sei ein solches Leitbild wichtig, betont auch der Generaldirektor und Vorstandsvorsitzende der Investkredit Bank, Wilfried Stadler: "Diese Firmen arbeiten oft in Gebieten, in denen es noch keinen funktionierenden Rechtsstaat gibt, sondern annähernd einen rechtsfreien Raum. Sie sind gefordert, als Regelsetzer in einem noch sehr ungeordneten Umfeld verantwortlich zu handeln."

Für die Vertreter der Wirtschaft spielt in der Diskussion über dieses verantwortliche Handeln und die zugrunde liegenden Werte die Freiwilligkeit des sozialen Engagements eine zentrale Rolle.CSR-Austria-Projektleiter Autischer etwa sieht darin einen Motivationsfaktor: "Wenn ich zu etwas verpflichtet bin, erfülle ich vielleicht die Vorgaben, mehr auch nicht. Dadurch ändert sich aber bestimmt nicht die Unternehmenskultur." Und das sei letztlich das Ziel der Initiative.

Freier Wille oder Pflicht?

Klaus Werner, Autor des Bestsellers "Schwarzbuch Markenfirmen", der in seinem Werk die unmoralischen Praktiken bekannter Großkonzerne aufdeckte, empfindet dagegen die ganze Diskussion um CSR als scheinheiliges Ablenkungsmanöver: "Die Unternehmen erlegen sich diese Corporate Social Responsibility auf und pochen dabei auf Freiwilligkeit. Damit wollen sie verhindern, dass es sanktionierbare Regeln gibt."

Und für den Philosophen Konrad Paul Liessmann, ebenfalls skeptisch gegenüber der Wirksamkeit von Unternehmerwerten, macht es erst gar keinen Sinn, an die soziale Verantwortungskompetenz von Unternehmern zu appellieren. "Die müssen natürlich der Logik des Marktes folgen", ist er überzeugt. Ethische Selbstverpflichtung hätte dabei keinen Platz. Aber auch die Theorie, dass man den Markt nur sich selber überlassen müsse, damit das Optimum für alle herauskommt, vertritt Liessmann nicht. "Lieber als moralbewusste Manager wären mir Politiker, die im Stande sind, dem Markt weltweit solche Regeln vorzugeben, dass etwa das so extreme Auseinanderfallen der Einkommensschere, wie es vielfach der Fall ist, nicht mehr möglich ist", erklärt der Philosoph im Gespräch mit der Furche. "Der Markt entwirft ja nicht seine eigenen Steuerungsinstrumente, sondern braucht Rahmenbedingungen. Und diese Regulative können nur von der Politik kommen."

Wilfried Stadler, Verfechter der freiwilligen Selbstverpflichtung, sieht das anders: "Der Versuch, die gesellschaftliche Verantwortung an Gesetze zu delegieren, muss scheitern. Denn die Folge wäre eine Überregulierung, die jene entmutigt, die schon jetzt aus Eigeninitiative das Richtige tun." Besser sei es, einen klaren Sanktionsrahmen für echte Gesetzesüberschreitungen zu haben und daneben "einen großen Spielraum des Wohlverhaltens", der durch die Konsumentscheidungen der Kunden bewertet würde. "Unternehmen merken auf diese Weise genau, dass sie ohne einen entsprechenden Umgang mit ihren Werten im Wettbewerb in den Nachteil geraten", spricht sich Stadler für den freien Markt als Regulativ aus.

Schaden künftig vermeiden

Einig sind sich Skeptiker wie Befürworter unternehmerischer Selbstverpflichtung jedenfalls in einem Punkt: Skandale wie jene um Enron, Worldcom, Riegerbank und Bank Burgenland haben nicht nur großen Schaden bei direkt Betroffenen angerichtet, sondern Konsumenten und Investoren generell misstraurisch gemacht. Mit welchen Mitteln die Unternehmen ihr angeknackstes Image wirksam wieder aufpolieren können, kann jedoch erst die Praxis zeigen.

Weitere Informationen zur Corporate Social Responsibility finden Sie im Internet auf der Seite www.csr-austria.at.

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