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Randhemerhungen zur woche

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DIE ERKLÄRUNGEN über Stellung und Auftrag der Katholischen Aktion, die Papst Pius XII. am Christi-Himmelfahrts-Tage an die Leiter der KA Italiens gerichtet, stellen Richtweisungen dar, die an gewisse Erfahrungen in dem letzten großen Wahlkampf in Italien anknüpften, sonach zunächst für Italien bestimmt sind. Soweit sie aber grundsätzlicher Natur sind, haben sie, wie der Papst ausdrücklich zusammenfassend hervorhebt, über den italienischen Raum hinaus Gültigkeit, bestimmt, die Grenzen der KA abzustecken, wenn sie irgendwo in Zweifel sein sollten* An Überlegungen über die Organisation der KA schloß der Heilige Vater einige allgemeine Warnungery, „die durch einige unrichtige Tendenzen unserer Zeit erforderlich sind“, und führte aus: „...Es wäre irrig, wollte man in der KA -j- wie es kürzlich geäußert wurde — etwas im Wesen Neues sehen, eine Änderung in der Struktur der Kirche, ein neues Aposto-' lat der Laien, das an der Seite des Priester-apostolats stünde und nicht diesem untergeordnet wäre.“ Immer habe es in der Kirche eine Mitarbeit der Laien am hierarchischen Apostolat gegeben, die KA wollte dieser Mitarbeit zum Zweck einer größeren Wirksamkeit bloß eine neue Form und eine zeitbedingte Organisation geben. Die Tätigkeit der KA erstreckt sich auf das gesamte religiöse und soziale Gebiet, soweit die Mission und Arbeit der Kirche reicht. Man weiß wohl, daß das normale Wachsen und Erstarken des religiösen Lebens ein bestimmtes Maß gesunder wirtschaftlicher und sozialer Verhältnisse voraussetzt. Aber d^araus dürfe man nicht folgern, daß die Kirche nun ihre religiöse Aufgabe beiseitelegen und sich vor allem anderen um die Gesundung des sozialen Elends bemühen sollte. „Wir brauchen nicht zu sagen“, fährt der Papst fort, „daß die KA nicht dazu berufen ist, eine Kraft auf dem Felde der Parteipolitik zu sein. Die katholischen Staatsbürger können sich als solche sehr wohl zu einer Vereinigung politischer Tätigkeit zusammenschließen. Dies ist ihr gutes Recht, nicht weniger als Christen denn als Staatsbürger.“ Die KA, betonte weiter die Richtweisung des Papstes, hat schon ihrer Natur nach nicht die Aufgabe, an der Spitze der anderen Vereinigungen zu stehen und auf diese gleichsam ?in überlegenes Patronat auszuüben. Die Tatsache, daß die KA der unmittelbaren Leitung der kirchlichen Hierarchie unterstellt ist, bringt keine derartige Konsequenz mit sich. Es ist in Wirklichkeit so, daß die Art der Leitung einer Organisation von ihrem Zweck bestimmt wird. Es kann wohl sein, daß dieser Zweck eine solche unmittelbare Leitung nicht erfordert und nicht einmal opportun erscheinen läßt. Aber deshalb hören diese Organisationen nicht auf, katholisch und mit der Hierarchie verbunden zu sein: Abschließend unterstrich der Papst, seine väterliche Mahnung gelte nicht für die KA eines bestimmten Landes, sondern für die KA eines jeden Landes und einer jeden Zeit.

DIE GROSSE KOALITION“ hat in Bayern ihre Probe bestanden. Als nach den letzten Landtagswahlen, deren Ergebnil einem politischen Erdrutsch nicht unähnlich war, Dr. Ehard der neuen Lage Rechnungtrug und ein Kabinett von Christlich-sozialen und Sozialdemokraten mit Einbeziehung von Vertretern des „Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten“ vorstellte, gaben nicht wenige dieser Regierung kein langes Leben. Grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten würden sie in Kürze zu Fall bringen. So lautete eine weitverbreitete Prognose. Nun ist das neue Kabinett Ehard bereits über ein Vierteljahr im Amt. Es hat seinen guten Teil zum Ausgleich der durch einen heftigen Wahlkampf entfachten politischen Leidenschaften beigetragen. Schon an der Arbeit des Landtages wurde dies deutlich. Bis jetzt ist es noch zu keiner jener ebenso lebhaften wie lauten Auseinandersetzungen gekommen, die für den alten Landtag so charakteristisch waren, obwohl es auch nicht an Pulver für manches Feuerwerk fehlte. Da war vor allem die Liquidierung des „Falles Abraxas“, die Aufführung des von dem abgetretenen Kultusminister Dr. Hundhammer seinerzeit verbotenen Faustballetts Werner Egks. Si fiel um so leichter, als kirchliche Stellen erklärt hatten, es bestünden gegenüber der nun vorliegenden Fassung keine Gründe für einen Einwand. Alte Konfliktstoffe zu beseitigen, neue nach Tunlichkeit zu vermeiden, ist überhaupt eine Aufgabe von Doktor Shards Kabinett. Nur einer steht grollend im Hintergrund. Eben Dr. Hundhammer, dessen Ressortverzicht von den Koalitionspartnern erzwungen wurde. Sein Name wird vielfach mit der kürzlich in Regensburg gegründeten „Bayrischen Volksaktion“, die als Nahziel eine gemeinsame Liste der CSU, Bayernpartei und Königspartei bei den kommenden Gemeindewahlen vor Augen hat und als Fernziel für eine Verschmelzung von CSU und Bayernpartei eintritt, in Zusammenhang gebracht.

PAN, PAN, PAN. Neunmal am Kopf, neunmal am oberen, neunmal am unteren Rande jeder Seite. So mahnte „Tu“ bereits vor Jahren. „Tu“, eine Arbeiterzeitschrift der Katholischen Aktion Spaniens. Pan heißt: Brot. Es geht um das tägliche Brot. Um die Erfüllung der Bitte des Vaterunser. Das ist die Tragödie Spaniens heute. Um das tägliche Brot zu sichern, begannen die1 Frauen der katalanischen Arbeiter In Barcelona zu demonstrieren. Sie strömten herein aus den Elendsquartieren, aus den Erdlöchern am Montjuich, die sie sich mit ihren Männern und Kindern als Wohnstatt aup dem Lehm gekratzt hatten. Um das tägliche Brot zu sichern, begann der Streik in Manresa: in Manresa. wo Ignatius seinen berühmten Kampf um das himmlische Brot gerungen hatte. Nun schießt man bereits: in Pamplona, der Hauptstadt Navarras. Waren also alle Mahnungen, alle Bitten, alle Beschwörungen vergebens, die verantwortliche Männer der spanischen Kirche, wie Herrera, der Bischof von Malaga, wie der Studienkreis um „Fomento Social“ in Madrid, wie die „Semana social de Espana“, die Tagung der Sozialaktivisten — dieses Jahr zum elftenmal in Barcelona vom 16. bis 22. April versammelt —, an die Adresse der Öffentlichkeit, das heißt der Regierung Franco gerichtet hatten? Heute erheben dessen treueste Diener das Wort zur Klage und Anklage. „Arriba“, das Zentralorgan der Falange, erklärt, man habe „den Hunger zum sozialen System gemacht“. „Der skandalöse Gegensatz zwischen Reichtum und Elend muß behoben werden.“ Worte? Eine unüberhörbare Mahnung. Kein Zweifel, daß sie gehört werden. In Spanien. In ganz Europa. — Der Kampf um die Freiheit ist untrennbar mit dem Kampf um die soziale Sicherheit verbunden. Der Kampf um die soziale Sicherheit setzt die Schaffung eines wirtschaftlichen Großräums voraus, die Schaffung Europas. In ihm ist der Platz Spaniens. Eines innerlich freien Spaniens in einem freien Europa.

DER KIRCHENKAMPF IN BÖHMEN — nicht in der Slowakei — unterscheidet sich wesentlich von dem Kirchenkampf der anderen Länder hinter dem Eisernen Vorhang: er ist keine nackte Verfolgung, sondern geht unter dem Schein der Legalität vor sich. Die Bischöfe werden nicht abgesetzt oder eingekerkert, sondern in ihren Palais interniert. Höchstens, wie im Fall Beran, außerhalb der Diözese auf ein Schloß gebracht. Die Diözesen werden durch — vom Staat ernannte — Generalvikare oder Kapitelvikare verwaltet, denen „aufgefrischte“ Kapitel zur Seite stehen. Dem Regime gelang sogar ein ganz großer Coup: den gültig und rechtmäßig geweihten W&h-bischof von Prag, Eltschkner, für sich zu gewinnen. Dieser Weihbischof nun ist für die katholische Kirche eine eminente Gefahr. Denn er kann nicht nur Priesterweihen erteilen — was bereits geschieht —, sondern könnte auch gültigerweise die Bischofsweihe spenden. Zu diesem Gefahrenmoment gesellt sich noch ein zweites: das Kapitel von Olmütz besitzt seit uralten Zeiten das Wahlrecht. Zwar ist das Erzbistum Olmütz derzeit besetzt, nichts aber hindert den Staat, es eines Tages ebenso „vakant“ zu machen, wie es mit Prag geschah. Dann könnte man durch das Kapitel, das erst vor kurzem im entsprechenden Sinn durch staatliche Ernennungen „ergänzt“ wurde, den Erzbischof wählen und ihm durch den Prager Weihbischof die Weihe erteilen lassen. Alles ohne Zustimmung des Vatikans. Und — nach außen hin —i scheinbar äußerst legal. Diesen Fall hat das neueste Dekret des Heiligen Offiziums sicherlich in erster Linie vor Augen, wenn es mit seinem Text erklärt, daß die Erteilung der Bischofsweihe oder die Annahme derselben ohne ausdrückliche Zustimmung des Vatikans unter schwersten Strafen verboten ist und ausdrücklich darauf hinweist, daß auch schwere Furcht nicht davon entschuldigen würde, eine solche Weihe anzunehmen. Das Dekret schafft damit kein neues Recht, sondern schärft das bereits bestehende nur ein. Denn im Kanon 953 wird ausnahmslos jede Bischofsweihe dem Papst reserviert und weiter erwähnt, daß ohne päpstlichen Auftrag niemand die Bischofsweihe spenden darf. Kanon 2370 spricht die Strafsanktionen für die Übertreter aus, Kanon 2372 die Straf Sanktionen für jene, die sich auf diese Art weihen lassen, Kanon 2229, 3, n. 3, schließt schwere Furcht ausdrücklich für diese Fälle als Entschuldigungsgrund aus. Der Hinweis auf die schwere Furcht im Dekret ist besonders sm beachten, denn es gehört zu den beliebten Praktiken der tschechischen Kirchenbehörden, sich alle jene Geistlichen, die einen politischen oder moralischen Defekt haben, gefügig zu machen.

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