Ratings pflastern die Wege zur Ethik

Werbung
Werbung
Werbung

Anleger suchen ethisch basiertes, auf Nachhaltigkeit bedachtes Investment. Einige Agenturen analysieren Firmen und Staaten nach diesen Kriterien.

Der Nachfrage von Anlegern entsprechend, haben sich einige Rating-Agenturen auf nachhaltige Finanztitel spezialisiert. Sie beraten Banken sowie Privatanleger und sollen Performance und Sicherheit einer Geldanlage abschätzen. Aus leidvoller Erfahrung wird der Ruf nach möglichst präziser Evaluierung von Finanzprodukten lauter. Allerdings haben sich auch renommierte Analysten und Ratingagenturen schon ver-bewertet. So manches AAA-Rating konnte den Anleger nicht vor dem Totalverlust bewahren.

Kriterien der Wirtschaftsethik

Nachhaltiges Rating untersucht die drei Dimensionen der Natur-, Sozial- und Kulturverträglichkeit eines Unternehmens oder eines Finanzprodukts. Gefiltert wird ferner nach Ausschlusskriterien wie Atomkraft, Kriegsmaterial, Tierversuchen usw. sowie nach Positivkriterien wie erneuerbarer Energie. Der Best-in-Class-Ansatz filtert die Branchenbesten heraus.

Klassisch in diesem Sinne operiert die Münchner oekom research AG. Sie fasst die 850 Einzelkriterien des "Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden“ zu 200 Untersuchungskriterien zusammen, die ein breites Spektrum christlicher Wirtschaftsethik abzudecken trachten. Die ökonomische oder finanztechnische Bewertung tritt in den Hintergrund. Diese Aspekte sucht der österreichische Nachhaltigkeits-Rater rfu mit in seine analytische Bewertung einfließen zu lassen. Mit dem von Reinhard Friesenbichler entwickelten Modell steht ein Ratinginstrument zur Verfügung, welches Risiken bei der Sustainability-Bewertung deutlicher als bisher zutage treten lässt. Das Genfer Rating-Unternehmen Symbiotics hat sich auf die Bewertung von Mikrofinanz Produkten spezialisiert und untersucht die Bonität der Mikrofinanzinstitute vor Ort.

Ob ein Unternehmen oder ein Finanzprodukt als strikt ethisch-nachhaltig bewertet wird, ist eine Frage der Kriterien. Polizei braucht Waffen, daher kann nur ein streng orthodoxes Nachhaltigkeitsrating die Waffenproduktion a priori ausschließen. So erscheint es zweckmäßiger zu sein, keinen Bio- oder Fair-Trade-Parallelmarkt im Finanzbereich zu etablieren, sondern quer durch die Branchen Anreize für Verbesserungen im sozialen und ökologischen Produktions- und Dienstleistungsbereich zu schaffen. Ein vom österreichischen Finanzdienstleister software-systems.at entwickeltes Modell misst deshalb den ethisch-dynamischen Ansatz (EDA) auf einer Prozentskala und weicht damit vom nachhaltig-orthodoxen Rating-Verfahren bewusst ab, um allen Unternehmen die Chance zu bieten, die geforderten Kriterien zu erreichen

Für ein aktives Bewerben der Komponenten Ethik und Nachhaltigkeit im Bankgeschäft spricht sich Schelhammer & Schattera-Vorstand Günter Bergauer aus. "Uns geht es um eine längerfristige Entwicklung der Volkswirtschaften und Unternehmen.“ Ob eine ethische Wende der Banken die geeignete Antwort auf die ethische Krise wäre, bejaht Bergauer, denn dies begünstige Geldinstitute mit strengen Ethik-Prinzipien und schaffe Klarheit, Transparenz und Vertrauen.

Für Wolfgang Pinner, Head of Sustainability der Erste Sparkasse, begünstigt die Finanzkrise die Nachhaltigkeitsbestrebungen bei den Banken, sei es bei Produkten (z. B. Ethikfonds) oder auch bei direkten Sozial- und Umweltengagements. "Ich selbst sehe das ökologische Thema, wie Klimawandel oder Wasserressourcenverbrauch als relevant an. Ohne intakte Umwelt sind alle anderen Themen wohl nicht mehr im Fokus.“

Finanzethiker Fred Luks von der Bank Austria sieht in der Nachhaltigkeitsdebatte zwei konkrete Funktionsebenen für Banken: "Sie können Produkte anbieten, deren Ausgestaltung sich an Nachhaltigkeitskriterien orientiert und als Unternehmen sowie gesellschaftliche Akteure Nachhaltigkeit zum Thema machen. Zentral ist der Bezug zum Kerngeschäft: Breit aufgestellte Kundenbanken bewähren sich in Krisensituationen sicher mehr als Investmentbanken.“ Sozialökologische Themen werden die Entwicklungen für die Bankkunden stark prägen, ist Luks sicher. "Nachhaltige Veranlagungen berücksichtigen ökonomische, soziale und ökologische Aspekte. Für die wirtschaftliche Entwicklung bedeutsam sind Themen im Bereich der erneuerbaren Energie.“

Für Klaus Glaser von Raiffeisen Capital Management ist "die Zeit ist reif für einen Ethic Turn“. Sozial verantwortliches Investment sei längst kein "bottom-up-Thema“ mehr, sondern global quantifizierbare und überprüfbare Handlungsmaxime. "Ein aussagekräftiger CSR-Report muss Standard werden und die Rating- bzw. Unternehmensanalysten werden dessen Fehlen entsprechend bewerten. Es liegt aber auch am mündigen Anleger selbst, dieses Thema vermehrt einzufordern.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung