Ratten verlassen Irak-Schiff

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Wir sind das Festland, sie die Insel; wir fahren links, sie rechts; wir messen in Meter, sie in yard, wir trinken eine Halbe, sie lassen sich ein pint schmecken, wir sind so, sie sind anders - die Briten. Und selbst vom US-Pudel Tony Blair ins Irak-Abenteuer verstrickt, haben sie sich anfangs ihr Anders-Sein bewahrt: Während die Amis in Bagdad nicht einmal beim Schlafen ihre Schutzhelme ablegen konnten, sind die Briten nach dem Saddam-Sturz lässig mit rotem Barett auf dem Kopf durch Basra patrouilliert. Unruhen, Aufstände, Attentate … - alles kein Problem, hat es stolz geheißen, für die in Nordirland gestählte British Army.

Lang, lang ist's her! Sehr bald mussten auch die Soldaten der Königin ihre Wollmützen gegen Aramid-Helme tauschen. Und jetzt hauen sie ab! Basra wird von den Briten geräumt, ihre 5000 auf einem Luftwaffenstützpunkt verbleibenden Soldaten werden in Zukunft vor allem damit beschäftigt sein, sich selbst zu schützen. "Lange geplant, gut organisiert", rechtfertigt Premier Gordon Brown den Abzug. Davon kann keine Rede sein: Die Briten haben den Südirak verspielt! Keine Kleinigkeit, wenn man weiß, dass dort 90 Prozent der Staatseinkommen lukriert werden und 70 Prozent der Ölreserven liegen. Das Chaos greift um sich, ein Provinzgouverneur nach dem anderen fällt Attentaten zum Opfer; die schiitische Bevölkerungsmehrheit braucht keine Sunniten mehr als Gegner - die Christen haben sie schon fast alle vertrieben -, sondern lässt den Streit in den eigenen Reihen eskalieren. Und die abziehenden britischen Generäle entschuldigen ihr Versagen damit, dass sie auf Befehl des US-Oberkommandos nicht so handeln konnten, wie sie wollten. Zu spät! Für dieses Mal, doch sehr wahrscheinlich bekommen die Briten ja eine zweite Chance: Wenn sie als UN-oder EU-Truppe in den Irak zurückkehren.

wolfgang.machreich@furche.at

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