Rebellen, die nur Straßenmaut kassieren

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Über 8.000 Todesopfer hat der Aufstand nepalesischer Maoisten in den letzten sieben Jahren gefordert. Bergsteiger und Wanderer blieben bislang weitgehend unbehelligt. Trotzdem leidet der Tourismus im Himalayastaat.

Ausländische Besucher sind von den gewalttätigen Auseinandersetzungen in Nepal bisher weitgehend unbehelligt geblieben, und die Führung der Rebellen hat vor einem Jahr in einem offenen Brief Touristen explizit Sicherheit garantiert. Dennoch ist es vereinzelt zu Übergriffen gekommen, vor allem aber zu Erpressungen von so genannten "Transitgebühren", die auf beliebten Trekkingrouten und in Bergsteigercamps von Ausländern eingefordert werden.

Bei meinem Besuch im vergangenen Winter schilderte ein Däne, der mit einer geführten Gruppe zum Makalu-Basecamp trekkte, einen solchen Überfall als unangenehm, aber ungefährlich: "Wir wurden von einer Gruppe Burschen, die Gewehre hatten, aufgefordert, je 100 Dollar Transitgebühren zu bezahlen, weil wir maoistisch verwaltetes Gebiet durchqueren'. Sie bedrohten uns nicht mit ihren Waffen, aber wir diskutieren auch nicht über die Bezahlung, sondern gaben ihnen das Geld sofort. Danach händigten sie uns sogar eine Zahlungsbestätigung aus, falls wir weitere maoistische Gruppen treffen'." Solche Zwischenfälle wurden mir auch von anderen Regionen im Land berichtet.

Keine Entführungen

Nachdem die Maoisten im Laufe der vergangenen Jahre ihre gewalttätigen Aktivitäten vermehrt auch auf die nepalesische Zivilbevölkerung ausgeweitet und Bombenanschläge im Kathmandutal durchgeführt haben, wird Ausländern zu erhöhter Vorsicht geraten, obwohl Touristen noch nicht zu Schaden kamen. Anders als in Peru, mit dessen Guerillabewegung "Leuchtender Pfad" die Aufständischen in Nepal oft verglichen werden, gab es auch keine Entführungen oder Morde an Reisenden. Dennoch ist die angespannte politische Lage für Besucher vor allem in den Städten und auf wichtigen Verkehrsverbindungen zu spüren. In öffentlichen Bussen werden regelmäßig Sicherheitskontrollen durchgeführt, bei denen Einheimische aussteigen müssen, durchsucht werden und zweihundert Meter später wieder in die Busse dürfen. An strategisch wichtigen Stellen sind bewaffnete Armeeposten hinter Sandsäcken verbarrikadiert und nach Einbruch der Dunkelheit kann es schwierig sein, für längere Strecken ein Taxi zu bekommen. Darüber hinaus rufen die Maoisten immer wieder landesweite Streiks aus, die den Verkehr lahm legen. Davon bleiben auch Touristenbusse nicht verschont, weil die Armee an Streiktagen aus Sicherheitsgründen die Straßen abriegelt.

Auf Grund dieser Entwicklungen kam es im Laufe der letzten Jahre zu einem Rückgang des Tourismus. Allein im vergangenen Jahr ging die Zahl der Touristen nach offiziellen Angaben um mehr als ein Viertel zurück. Von den Lodges-Besitzern ist immer das gleiche zu hören: "Wir kümmern uns nicht um Politik, wir möchten nur, dass die Touristen wieder kommen." Das Everest-Jubiläum ist deswegen ein willkommener Anlass, um für das Reiseland Nepal zu werben. "Die Feiern sind für uns eine Riesenchance, den Tourismus anzukurbeln", hofft Bergsteigerverbands-Chef und Sherpa-Legende Ang Rita.

Waffenstillstand hält

Und auch Rebellen und Regierung setzen zeitgerecht zum 50-Jahr-Jubiläum auf Entspannung. Seit Ende Jänner gilt ein Waffenstillstand. Und Anfang des Monats konnte eine zweite Runde an Friedensgesprächen stattfinden. Bei dem Treffen versprach die Regierung, die Freilassung von drei festgenommenen ranghohen Maoisten. Außerdem beschlossen beide Seiten, einen Ausschuss zur Überwachung ihres bei der ersten Gesprächsrunde ausverhandelten Verhaltenskodexes zu bilden.

Trotz dieser positiven Entwicklungen sollten Nepal-Reisende aber vorsichtig und zeitlich flexibel sein. Dafür wird man aber mit der atemberaubenden Schönheit des Landes belohnt, die wahrscheinlich nur mehr für kurze Zeit ähnlich einsam zu genießen ist, wie vor fünfzig Jahren, als die ersten Bergsteiger den Mount Everest bestiegen.

Die Autorin ist freie Journalistin.

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