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Reform in Schweden

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Zwei Staaten in Westeuropa besitzen gegenwärtig eine sehr enge Bindung von Kirche und Staat, und in beiden wird deren Lösung diskutiert: Griechenland und Schweden. Während es in Griechenland allerdings bislang nur die Forderung mehrerer regierungsnaher Politiker ist, ist es in Schweden schon fast entschiedene Sache. 97 Prozent der Griechen gehören der orthodoxen Kirche an, 89 Prozent der Schweden der evangelischen Landeskirche.

Die Trennung von Kirche und Staat in Schweden liegt im beiderseitigen Interesse, das System weicht heute tatsächlich weit von dem ab, das in anderen Ländern gilt: Gegenwärtig liegt die Kompetenz zur Regelung aller kirchlichen Angelegenheiten beim Reichstag, der allerdings schon in den vergangenen Jahren diese Kompetenz weitgehend an die Synode der evangelirchen Schwedischen Kirche delegiert nat. Rein rechtlich hat die Synode allerdings nur ein Vorschlagsrecht, an das der Reichstag nicht gebunden ist. Die Administration der Kirche sowie die Pastorenstellen werden vom Staat bezahlt, die Kirche übernimmt umgekehrt wesentliche Verwaltungsaufgaben. So hat etwa eine vor dem Pastor geschlossene Ehe auch staatliche Gültigkeit.

Ungewöhnlich ist auch, daß die Mitgliedschaft in der Schwedischen Kirche nicht an die Taufe gebunden ist. Wer zumindest von einer Seite von einem Mitglied der Kirche abstammt, wird automatisch mit der Geburt Mitglied, es sei denn, die Eltern erklären ausdrücklich etwas anderes.

An diesem System der Mitgliedschaft soll auch in Zukunft festgehalten werden. Die Administration soll allerdings geändert werden. Die Kirche soll das Recht haben, über ihre inneren Angelegenheiten und Finanzen selbst zu entscheiden. Dafür soll eine Kirchensteuer eingeführt werden, die dem deutschen Modell ähnlich ist. Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche werden in einem eigenen Gesetz festgelegt, ebenso die Stellung der kleineren Kirchen, denen insgesamt etwa drei Prozent der Bevölkerung angehören. Die Regelung soll aus verfassungsrechtlichen Gründen erst im Jahr 2000 in Kraft treten.

Reformbestrebungen gibt es auch in Griechenland. Dort wollen regierungsnahe Sozialisten eine Trennung von Kirche und Staat in die laufende Verfassungsreform aufnehmen. Ministerpräsident Andreas Papandreou zeigte daran allerdings wenig Interesse, sodaß eine Änderung möglich, aber nicht ^ls sicher anzunehmen ist.

Gegenwärtig sieht es so aus: Die Kirche gibt einen Prozentsatz des ihr zur Verfügung stehenden Geldes dem Staat, dieser trägt die Verwaltungskosten der Kirche, und bezahlt insbesondere die Geistlichen. Auch hier gilt, daß eine kirchliche Trauung gleichzeitig als staatliche angesehen wird. Mitglied der Kirche wird man nur durch die Taufe, nach verschiedenen Berichten nimmt die staatliche Verwaltung jedoch grundsätzlich an, daß eine Griechin oder ein Grieche orthodox ist, solange nichts anderes angegeben wird.

In den Verfassungen der meisten Länder der westlichen Welt ist die Trennung von Kirche und Staat heute festgeschrieben, die Schärfe der Trennung ist aber sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Der Autor ist

Mitarbeiter des Österreichischen Katholischen Bibelwerkes.

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