Sachertorte im Kongo

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Am 19. März wurde in der Hauptstadt Kinshasa im krisengeschüttelten Kongo das "Café Mozart" eröffnet. Ein neues Hilfsprojekt der Don-Bosco-Schwester Hildegard Litzlhammer.

Am schlimmsten waren die Artillerie-Angriffe. Unser Haus hat gezittert", erzählt Nicole Ebner. Die 25-jährige Österreicherin steht immer noch unter Schock. "Ich wusste nicht, ob ich noch lebend hier herauskomme." Die von der Caritas entsandte Salzburgerin arbeitet im Café Mozart und unterstützt somit das neueste Projekt der aus Österreich stammenden Don-Bosco-Schwester Hildegard Litzlhammer. "Mein Gott, bin ich froh, dass euch nichts passiert ist", sagt Sr. Hildegard erleichtert und schließt die Mädchen, die sich zwei Tage im Café verbarrikadiert hatten, in die Arme.

Sr. Hildegard besuchte mit einer Caritas-Delegation das Schul- und Straßenkinderprojekt in Sanga Mamba, 17 Kilometer außerhalb des Stadtzentrums, als am 21. März die Unruhen begannen. Erst zwei Tage später konnte die Ordensfrau wieder in die Stadt zurückkehren. "Danke, heiliger Josef", ruft Sr. Hildegard, "wir wussten, warum wir unser Kaffeehaus dem Heiligen Josef widmen." Das Vertrauen in den Heiligen hat sich gelohnt, denn das am 19. März (Josef) eingeweihte Haus ist außer ein paar Einschusslöchern kaum beschädigt.

Strudel und Kaffee

Mittlerweile hat sich die Lage in der Acht-Millionen-Metropole Kinshasa wieder beruhigt, und im neu eröffneten Café Mozart werden wieder Apfelstrudel, Schaumrollen und Faschingskrapfen mit Verlängertem oder kleinem Braunen serviert. Die Idee: ein Café mit österreichischem Flair, das Gäste anlockt, die bereit sind, für Qualität zu bezahlen. Vor allem Diplomaten, Geschäftsleute und UNO-Mitarbeiter schätzen ein gutes Stück Torte in entspannter "Mozart-Atmosphäre". Im Don Bosco Kiosk nebenan werden ebenso Produkte der Bäckerei zu günstigeren Preisen verkauft und deshalb gern von Studenten frequentiert. Die Gewinne des Kaffeehauses und des Kiosks sollen die laufenden Kosten des Straßenkinderhauses decken. Darüber hinaus erhalten die jungen Frauen die Möglichkeit, als Konditorinnen und Bäckerinnen ausgebildet zu werden. Der 23-jährige Bäcker- und Konditormeister Lukas Felbauer half beim Aufbau der Konditorei, die Salzburgerin Nicole Ebner half beim Service. Aufgrund der schweren Straßenkämpfe im März mussten die beiden vorzeitig abreisen. Die Caritas unterstützt das Projekt jedoch weiterhin.

"Ich will Journalistin werden", erzählt Terese Biboma Mbuji. Die 17-Jährige war nicht immer so selbstbewusst. Von ihrem zweiten Lebensjahr an wuchs sie bei ihrer Tante in Kinshasa auf. Dann wurde sie eines Tages plötzlich als "Hexe" beschimpft und für sämtliches Unheil der Familie verantwortlich gemacht. Nach Jahren der Misshandlung gelang der 11-Jährigen endlich die Flucht. Zunächst fand sie Zuflucht bei einer italienischen Ärztin, später bei den Schwestern in Sanga Mamba. "Terese ist ein intelligentes Mädchen und hat sich gut von ihren psychischen Wunden erholt", freut sich Sr. Hildegard. "Nächstes Jahr wird sie Matura machen."

Als "Hexen" verbannt

In Sanga Mamba gibt es auch ein Schulzentrum, in dem heute 1500 Kinder zur Schule gehen. Aber Sr. Hildegard spürte, dass auch etwas für die Mädchen auf der Straße getan werden musste. Am Anfang gab es nur ein Zimmer, in das Waisen oder Kinder, die als Hexen von der eigenen Familie verstoßen wurden oder von den Eltern nicht mehr ernährt werden konnten, aufgenommen wurden.

Heute beherbergt das Straßenkinderhaus "Mazarello" zirka 50 Mädchen. Nur mit einer professionellen Ausbildung haben die Mädchen eine Chance auf eine gute Anstellung und somit eine bessere Zukunft. Die Möglichkeiten sind jedoch beschränkt. "Ich konnte sie doch nicht wieder auf die Straße schicken", sagt Sr. Hildegard. Also ist sie mit den Mädchen in die Stadt gezogen und hat das Café Mozart eröffnet, um neben der Schneider- und Bäckerlehre auch eine Ausbildung zum Konditor und Kellner zu schaffen. Selbst wenn sich in den Augen der Mädchen deren traurige Vergangenheit lesen lässt, haben sie mittlerweile doch Hoffnung auf eine bessere Zukunft bekommen.

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