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Sein oder Nichtsein der FPO

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Furche: „Herr Landesrat, in diesem Wahlkampf geht es für die FPÖ um alles. Würde die FPÖ ein Landtagsmandat verlieren, würde sie y&tichzeitia&kiich um ihren Sitz inoey LanteWegierung kommen. WStalt dieiMiWatsache von Ihnen im Wahlkampf berücksichtigt, führen Sie den Wahlkampf sehr auf Angriff?“ Leitner: „Selbstverständlich führen wir den Wahlkampf intensiver als je zuvor. Wir haben unsere Parteiorganisation dafür in einen Schwung gebracht, wie er nie zuvor bestanden hat. Es ist heute in unserer Organisation eine ähnliche Stimmung wie vor 20 Jahren, als von Salzburg der VdU seinen Ausgang genommen hat. Für uns geht es um alles, denn Salzburg ist nicht nur das Ursprungsland einer nationalfreiheitlichen Bewegung, es ist gleichzeitig das Land, wo die Freiheitlichen auch am stärksten vertreten sind und am meisten mitzureden haben. Wir haben hier also eine Verpflichtung gegenüber der Gesamtpartei. Wenn die FPÖ in Salzburg versagen würde, würde sie selbstverständlich schwerwiegende Überlegungen anstellen müssen. Wenn wir aber in Salzburg gewinnen und Stimmenzuwachs erhalten, dann ist damit der Nachweis erbracht, daß in Österreich eine national-freiheitliche Bewegung lebensfähig ist.“ Furche: „Das heißt also, daß das Wort von der Trendwahl für die FPÖ im stärkeren Maße gilt als für die anderen Parteien?“ Leitner: „Es geht für uns um Sein oder Nichtsein — wenn wir es so nennen wollen. Das Bollwerk Salzburg muß für uns gehalten werden. Sie können sich natürlich vorstellen, daß für die anderen Parteien das Berennen dieses Bollwerks der Freiheitlichen ebenfalls eine Notwendigkeit ist. Obwohl sie es zweifellos wünschen, daß die Freiheitlichen nicht hiriausgewählt werden, weil mit dem Ausscheiden aus der Landesregierung sicher das berühmte .Salzburger Klima' tot wäre.“

Furche: „Nun, trotz ,Salzburger Klima' und trotz Trendwahl ist ja auf der ganzen Welt — zumindest aber in Europa — ein immer stärkerer Zug zum Zweiparteiensystem festzustellen. Glauben Sie nicht, daß die Freiheitlichen hier auf die Dauer gesehen gegen eine Betonmauer anlaufen und A-uf lange Sicht hin chancenlosmid?-' Leitner: „DSUr TÄtSKhe erschwert sicherlich unsere Situation, aber um so mehr würde der Beweis erbracht werden, daß diese Mauer zu durchdringen ist, wenn die Freiheitlichen hier sich weiter behaupten könnten. Und eine Demokratie mit einem Dreiparteiensystem ist sicher gesünder als eine solche mit nur zwei Parteien.“

Furche: „Glauben Sie nicht, Herr Landesrat, daß die Freiheitlichen erst jüngst, als sie in der deutschen Bundesrepublik für Heinemann stimmten, wieder ihren Linkstrend bewiesen haben und daß dadurch ein gewisses Mißtrauen im bürgerlichen Wählerreservoir gegenüber den Freiheitlichen auch' in Österreich herrscht?“

Leitner: „Wir haben mit der FDP in der Bundesrepublik an sich nichts zu tun. Ich kann nicht immer die Gedankengänge dieser Partei in der Bundesrepublik Deutschland verstehen, aber es steht mir auch nicht zu, irgendwelche Kritik zu üben, Entschlüsse in der Bundesrepublik bei der FDP können daher auch nicht zum Beispiel genommen werden, daß dies bei uns genauso sein würde. Wir sind eine Partei, die weder links noch rechts vorfahren möchte, sondern wir haben uns immer als Partei der Mitte bezeichnet.“ Furche: „Mit wieviel Stimmen war das vierte Landtagsmandat, äas den Freiheitlichen bei den letzten Wahlen in Salzburg den Landesrat bescherte, gepolstert7“ Leitner: „Sehr knapp, weil wir en sich die Wahlzahl gestellt naben. Es war eine ganz interessante Situation: wir hätten bei gleicher Stimmenzahl und gleichem Prozentsatz dieses Landtagsmandat dann verloren, wenn einige hundert ÖVP-Wähler SPÖ gewählt hätten. Das heißt mit anderen Worten, nachdem solche Glücksfälle normalerweise sich nur einmal ereignen, daß wir auf alle Fälle diesmal einen höheren Prozentsatz der Stimmen haben müßten, um das vierte Mandat sicherzustellen. In Prozenten ausgedrückt, brauchen wir etwa 12,5 Prozent der Stimmen, um das vierte Mandat und den Regierungssitz zu halten — wir hatten bei der letzten Wahl nur 11,8 Prozent . . ,1 „HP MAtulr -1

Furche: „.,, und bei den Nationalratswahlen?“

Leitner: „Bei den Nationalratswahlen hatten wir 12,5 Prozent, das heißt, bei der Nätionalrats-wahl hatten wir das vierte Mandat mit den damaligen Stimmen, die für die FPÖ abgegeben wurden, gehabt.“

Furche: „Das heißt, während die SPÖ mit dem Ergebnis der Nationalratswahlen 1966 umgelegt auf die Landtagswahlen nicht zufrieden war, wären Sie es doch?“ Leitner: „Man darf nie zufrieden sein mit dem, was man hat. Man muß immer versuchen, stärker zu werden. Wir sind aber von den Landtagswahlen zu den Nationalratswahlen als einziges Bundesland bei den Freiheitlichen im Stimmenanteil angestiegen, während ja die Gesamtsituation für die Freiheitlichen weniger günstig war. Wir führen das darauf zurück, daß wir damals im Wahlkampf unerhprt fleißig gewesen sind. Ich kann aber jetzt schon sagen, daß wir im Landtagswahlkampf zur Zeit noch fleißiger als 1966 sind.“

Furche: „Wo liegen die Schwerpunkte Ihrer Werbung um den Wähler?“

Leitner: „Wir versuchen, soweit es geht, den einzelnen Menschen persönlich anzusprechen. Etwas, das bei einer kleinen Partei natürlich auf Schwierigkeiten stößt. Wir sind auch bei der traditionellen Wahlversammlung geblieben, weil sie ein solches persönliches Herankommen an die Wähler ermöglicht, und können feststellen, daß gegenüber früheren Wahlen die Besucherzahlen durchwegs steigend sind und daß die Teilnehmer an diesen Versammlungen jüngere Leute sind als früher. Wir sehen daraus, daß auch die Jugend für unsere Ziele ansprechbar ist.“

Furche: „Sie würden also nicht sagen, daß die FPÖ sich nur aus alten Wähler schichten, die dem nationalen oder liberalen Lager nahestehen beziehungsweise aus sogenannten .Ehemaligen' zusammensetzt, sondern daß auch die Jugend entsprechendes Interesse aufwendet?“ Leitner: „Damit haben Sie durchaus recht. Ich glaube, wenn man bei den einzelnen Parteien den Anteil der ehemaligen Nationalsozialisten untersuchen würde, daß man gar nicht so große Unterschiede vorfinden würde. Würden alle .Ehemaligen' bei uns sein, müßten wir eine sehr große Partei sein. Wir haben natürlich auch Leute, die in der NSDAP führend tätig waren, aber die gibt es bei allen Parteien. Wenn ich zum Beispiel HJ-Führer gewesen bin, so ist es Nationalrat Wielander von der SPÖ, der auch Bürgermeister von Bischofshofen ist, ebenfalls, genauso wie der Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Schmiedinger aus Thalgau, ÖVP, es ebenfalls war.“ Furche: „Sie würden also nicht sagen, daß die FPÖ in Salzburg, das ja bekanntlich ein sehr großes Reservoir an national Eingestellten hat, ein Sammelbecken dieser Kreise ist?“

Leitner: „Die kleinen, ehemaligen Parteimitglieder dürften sich hier ziemlich gleichmäßig verteilen. Und gerade die ehemaligen führenden NSDAP-Mitglieder in Salzburg haben sich von einer politischen Wiederbetätigung ferngehalten.“

FURCHE: „Glauben Sie nicht, daß man der FPÖ, die schließlich ja fast 20 Jahre in der Landesregierung dabei war, den Vorwurf machen könnte, sie sei — da sie in der Regierung vertreten war — auch an den Fehlern mitschuldig?“

Leitner: „Ich glaube — wenn das auch etwas präpotent klingt —, daß die Salzburger Landesregierung im großen gesehen eigentlich von Fehlern verschont geblieben ist. Diese harte Zusammenarbeit von drei Parteien hat eben zu dem bekannten ,Slazbur-ger Klima' geführt.“ Furche: „Das .Salzburger Klima' besteht also Ihrer Meinung nach noch?“

Leitner: „Die Salzburger Zeitungen haben es zwar schon vor Jahren abgeleugnet, nach meiner Meinung besteht es aber noch.“ Furche; „Wir danken für das Gespräch.“

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