Seit 11.9. neue Lage dem 11.9.:

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Johann P. Fritz, Direktor des "International Press Institute" (IPI) mit Sitz in Wien, das gemeinsam mit anderen internationalen Organisationen für die weltweite Freiheit der Presse kämpft, im furche-Gespräch.

die furche: 2001 wurden 55 Journalisten bei oder wegen der Ausübung ihres Berufes ermordet. Wie ist diese Zahl einzuordnen?

fritz: Diese Zahl ist über die letzten Jahr relativ konstant gewesen. Gerade durch den jüngsten Konflikt in Afghanistan hatten wir im Vorjahr mehr Todesopfer befürchtet. Was aber nicht heißt, dass sich an der dramatischen Situation der Pressefreiheit weltweit etwas geändert hätte. Das Schlimme ist aber, dass die Aufklärungsquote bei all diesen Journalisten-Morden gleich Null ist. Von 264 Mordfällen im asiatischen Raum in den letzten zehn Jahren kamen nur fünf vor Gericht und nur in drei Fällen wurden Urteile verkündet.

die furche: Sind es immer wieder die selben Staaten, in denen die Pressefreiheit am stärksten bedroht wird?

fritz: In rund einem Drittel aller Staaten der Welt gibt es überhaupt keine Pressefreiheit. Journalisten arbeiten dort meist bei staatlich kontrollierten Medien. Bei einem weiteren Drittel handelt es sich um "Übergangsländer", wo man mit Protesten und Appellen etwas bewegen kann. Aber in letzter Zeit bemerken wir eine neue Entwicklung: Viele hochentwickelte Demokratien versuchen wieder stärker, die Medien zu kontrollieren. In den USA etwa versuchen seit dem 11. September das State Department, die CIA und das FBI, mit gezielten Desinformationskampagnen die Freiheit der Medien einzuschränken. Man will den "Freedom of Information Act" neu diskutieren, der den freien Zugang der Medien zu Informationen sicherstellt. Das ist eine Katastrophe. In Österreich wurden ebenso diverse Observierungsgesetze verhandelt, auch zum Thema Datenschutz. Der Spielraum für journalistische Arbeit wird enorm eingeschränkt. Diese negative Entwicklung tut uns sehr leid. Immerhin befinden sich 178 von 194 UN-Mitgliedsstaaten auf unserer IPI-Watchlist.

die furche: Wie sieht die Situation in Russland aus, das ja schon sehr lange auf der IPI-Watchlist steht?

fritz: In Russland wurden die meisten unabhängigen TV-Stationen zum Schweigen gebracht, die öffentlich-rechtlichen Sender bestimmen das Fernsehbild. Alle Printmedien in Russland zusammen genommen erreichen nur 20 Prozent der Bevölkerung. Von Pressefreiheit kann hier eigentlich nicht die Rede sein.

die furche: Also sind Sie für die Zukunft der Pressefreiheit pessimistisch gestimmt?

fritz: Nein, wir sind Optimisten und konnten auch schon viel bewegen. Erst kürzlich gelang es uns gemeinsam mit der UNESCO und der Weltbank, in Kenia einen Gesetzesentwurf zu vereiteln, der die schriftliche Genehmigung aller Film- und Fernsehbeiträge durch eine Zensurbehörde vorsah.

die furche: Wie reagieren die jeweiligen Politiker, wenn Sie sich in solche fragen "einmischen"?

fritz: Die Politik reagiert meistens scheinheilig und versucht, sich irgendwie heraus zu reden. Das ist leider so.

die furche: Ist die Pressefreiheit weltweit also einer ständigen Gefahr ausgesetzt?

fritz: Ja, prinzipiell gibt es eine fundamentale Bedrohung der Pressefreiheit, selbst in entwickelten Demokratien. Der Grund dafür ist, dass sich die Politik und die Medien aus der selben Quelle speisen: dem Publikum. Beide sind von ihm abhängig. Die Politik unternimmt daher immer etwas, um die Medien unter Kontrolle zu bringen. Das ist überall so, da gibt es leider keine Ausnahmen.

Das Gespräch führte Matthias Greuling

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