Siegeszug der Freiheit

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Die wahre und starke Kraft der Botschaft des neuen US-Präsidenten Barack Obama liegt in einem Wort: Freiheit. Mit seiner Amtszeit beginnt eine neue Ära der Auseinandersetzung um die Prinzipien der Weltordnung.

Es bleibt dabei: Von allen Gründungsmythen eines Staates ist jener der Vereinigten Staaten von Amerika der stärkste. Das war, einmal mehr und spätestens, an den Reaktionen auf die Inauguration von Präsident Barack Obama aus Moskau und aus Peking erkennbar. Die gegenwärtige ökonomische und politische globale Krise zieht alles an Aufmerksamkeit und Energie in ihren Bann. Da könnte leicht und irrend übersehen werden, dass die wesentliche Auseinandersetzung jene um die Prinzipien der Weltordnung ist.

Die Rede Obamas, die er nach seiner Vereidigung zur Amtseinführung hielt, ist klug und kraftvoll. Sie unterscheidet sich in der Wortwahl und damit in den Gedanken und der Haltung wohltuend von dem abstrakten, gestelzten und hölzernen Orwell'schen Quaksprech hiesiger Antrittsreden. Gleichheit von Regierenden und Regierten bleibt stets Illusion. Aber "My fellow citizens" klingt und ist eben anders als "die Menschen", denen als "bildungsferne Schicht" und als "Modernisierungsverlierer" eine "Hacklerrelegung" angeboten wird, damit sie irgendwie ihr Auslangen finden.

Die ersten Lektionen für die Welt

Das erste und wesentliche Betätigungsfeld für Obama ist und bleibt die Innenpolitik der USA, bleibt es, die Ursachen der Krise zu beheben, deren Folgen zu mildern und in der klar angesprochenen Opferbereitschaft sein Land zu einem neuen Aufbruch zu führen. Das wird gelingen. Doch in der Außenpolitik, konkreter: in der Außenwirkung - und das muss uns in Europa interessieren - vollzieht Obama eine Wende.

Der neue Präsident droht nicht mit Abbruch von Gesprächen, sondern bietet seine Hand an, vorausgesetzt, der andere öffnet seine Faust. Er sucht nicht die Konfrontation der Religionen, sondern neue Wege der Begegnung, beruhend auf gegenseitigem Respekt. Aus diesen Worten spricht die Kraft der Gedanken, der Überzeugungen, der Haltung. Es ist nicht mehr das alte Drohpotenzial der Rüstung, des Abbruches von Handelsbeziehungen, der Sanktionen gegen Staaten. Das läutet eine neue Ära ein. Denn Obama sagt allen, die durch Korruption und Täuschung oder dadurch, abweichende Meinungen zum Schweigen gebracht zu haben, an die Macht gekommen sind, sie stünden auf der falschen Seite der Geschichte.

In Russland und in China hat man diese Botschaften verstanden und, typisch für diktatorische Regime, prompt falsch reagiert. Peking, das Worte der Freiheit aus dem Westen stets verbietet, zensurierte die Internet-Übertragungen der Rede Obamas. Und Moskau, das sich einer Gratulation verweigerte, bekräftigte seinen Anspruch auf die Arktis und die Bereitschaft, diesen mit Raketen zu behaupten. Das ist, Europa hör' es wohl, alte, stupide, ignorante Machtpolitik, fast schon wieder Panzer-Kommunismus. Damit soll unterdrückt werden, was Regimes wie in Moskau und in Peking gefährden könnte: das freie Wort, der Wille zur Freiheit.

Marktwirtschaft bedeutet Demokratie

"Freedom" und "Liberty", die Obama ausdrücklich nannte, haben eine Blockaden lösende, enorme Energie freisetzende Wirkung. Daher lässt China harte Zensur ausüben. Daher wurden in diesen Tagen in Moskau kritische Geister wie der Rechtsanwalt Stanislaw Markelow und die Journalistin Anastasja Baburowa von gedungenen Mördern auf der Straße erschossen. Doch damit vertiefen gerade Russland und China ihre Krise. Denn diese ist zu einem guten Teil eine wirtschaftliche, wird also nur mit Mitteln der Wirtschaft, sprich Leistung, zu beheben sein. Genau diese Leistungsbereitschaft des Einzelnen in ökonomischen Dingen beflügelt dessen Eigenständigkeit dann auch in den politischen. Die politischen Reformen Europas, denen die Welt - bei allen Irrungen auf diesem Weg - heute die Demokratie verdankt, wären ohne wirtschaftlichen Aufstieg nicht denkbar, nicht möglich gewesen. Obama und die USA wollen diesen Siegeszug der Freiheit fortsetzen. Als Vorbild, nicht als Vormund. Genau das macht den Unterschied. Und Hoffnung, die weit über die USA hinauswirkt.

claus.reitan@furche.at

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