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Silberstreifen am Horizont

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Die österreichische Zivilluftfahrt, repräsentiert durch die Austrian Airlines AUA, ist eine Zeitlang unser Sorgenkind gewesen. Sie wurde unter Verhältnissen gegründet und die erste Zeit hindurch betrieben, die wohl keine Fluggesellschaft eines anderen Landes überstanden hätte. Ein echt österreichisches Kind, wurde die AUA, „umsorgt“ von Raunzern, Kritikern und Kritikastern, geboren, mit echt österreichischer Zähigkeit und Unauffälligkeit aber hat sie sich auch im ungünstigsten Klima behauptet und entwickelt. Ja, sie scheint heute schon über die Kinderjahre und Kinderkrankheiten hinaus zu sein und nicht nur ihre Lebensnotwendigkeit, sondern auch ihre Lebensfähigkeit bewiesen zu haben.

Das heißt natürlich noch nicht, daß unsere AUA schon heute auch alle personellen und technischen Fragen, nicht zuletzt auch, die schwierigen finanziellen Probleme in Bausch und Bogen zufriedenstellend gelöst hätte. Sie scheint aber doch nunmehr in ein Stadium eingetreten zu sein, in dem sich für alle diese Dinge klare Konzeptionen abzeichnen. Die Entschlossenheit ist unverkennbar, die noch bestehenden Unzulänglichkeiten Schritt für Schritt abzubauen und durch zielyolle, planmäßige Maßnahmen zu ersetzen.

Unter diesen Maßnahmen nimmt die Lösung der Personalfragen eine zentrale Stellung ein. Offen gesagt, waren gerade die Personalverhältnisse bei der Gründung der AUA reichlich verworren und das Betriebsklima innerhalb der Firma dementsprechend nicht eben ideal.

Das heißt jedoch keinesfalls, daß dadurch etwa die Flugsicherheit in irgendeiner Form beeinträchtigt gewesen wäre. Die personalen Positionskämpfe, wie sie in jeder nicht konsolidierten Firma aufzutreten pflegen, schufen lediglich wenig erfreuliche interne Verhältnisse in der Verwaltung, die freilich auch eine gewisse Leistungsbindung innerhalb der Gesellschaft zur Folge hatten. Es gab in der AUA Exponenten, die weniger daran interessiert waren, dem Unternehmen, als vielmehr sich selbst zu dienen. Nunmehr ist gerade hierin eine gründliche Reorganisation im Gange, die in absehbarer Zeit aus dem Wirrwarr herausführen wird.

Das beflogene Flugplannetz hat sich als richtig projektiert herausgestellt, wie das Passagieraufkommen einwandfrei beweist. Die Frequenz liegt auf einzelnen Linien bei 70 Prozent, im Durchschnitt zwischen 30 und 40 Prozent. Das heißt natürlich nicht, daß man sich mit dem derzeit beflogenen Netz zufriedengeben wird. Man denkt vielmehr nach wie vor an eine Ausweitung und hier besonders an einen innerösterreichischen Flugverkehr. Darunter haben sich die Flüge Wien—Innsbruck schon heute bewährt. Das Ziel ist jedoch ein Rundkurs, der Wien, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt, Graz, Wien einschließen soll, wobei zwei gegenläufige Linien konzipiert sind. Ein solcher Rundverkehr würde auch für den Fremdenverkehr sehr günstig sein.

Fluglinien und Fluglinienprojekte werfen auch die Frage der günstigsten Maschinentype auf. Derzeit verwendet die AUA bekanntlich Chartermaschinen aus Norwegen. Und hier erhebt sich sofort die Frage: Ist es zweckmäßig, die Charterverträge zu erneuern, oder wäre es günstiger, völlig neue Maschinen anzuschaffen? Verhandlungen in jüngster Zeit haben für die nächsten zwei Jahre eine Verminderung der Chartergebühren um 20 Prozent erreicht. Zweifellos bietet dieser „Rabatt“ einen gewissen Anreiz. Trotzdem wäre es vielleicht besser, neue Maschinen anzuschaffen. Einmal weisen die im Gebrauch stehenden Maschinen natürlich schon eine gewisse Ueberalterung auf. Das wäre bei einem Flugzeug an sich nicht bedenklich, denn die vorgeschriebenen Ueberholungen sorgen für stets voll einsatzfähige und absolut verkehrssichere Maschinen. Eine Fluggesellschaft sollte aber doch ihre eigenen Maschinen haben, die außer den War- tungs- und Ueberholungsarbeiten keine weiteren finanziellen Belastungen mit sich bringen. Vord Aufsichtsrat der AUA wurden selbstverständlich alle Möglichkeiten erwogen, um Panikhandlungen, die aus Terminverlusten entstehen könnten, von vornherein zu vermeiden. So bleibt die Lieferfirma zum Beispiel bis Mitte November mit sechs Vickers Viscount im Wort. Man ist sich heute aber keineswegs darüber im klaren, ob man wieder Vickers-Viscount-Maschinen anschaffen will, oder ob man sich eventuell den modernen Düsenmaschinen, wie etwa der französischen Caravelle, zuwenden soll.

Im allgemeinen ist bei den internationalen Fluggesellschaften ein Zug von der Düsenmaschine weg zum Turbopropantrieb merkbar. Außerdem wird die österreichische Fluggesellschaft wahrscheinlich auch in nächster Zeit kaum Langstreckenflüge durchführen, sondern vör allen Dingen Mittelstrecken befliegen, und hier ist zweifellos die Turbopropmaschine die zweckmäßigste. Abgesehen davon weisen die Turbinenmaschinen immer noch gewisse Kinderkrankheiten auf und müssen immer häufiger überholt werden. Schließlich aber sind unsere Flugzeugführer auf die Turbopropmaschine eingeschult. Eine kostspielige Umschulung würde nicht zuletzt den regelmäßigen Liniendienst irgendwie beeinträchtigen. Es empfiehlt sich also, hier keine Experimente zu wagen, zu denen große Erfahrung und viel Geld gehörten. Im Hintergrund steht auch noch die neue „Elektra“ zur Debatte; .sie ist jedoch auch noch nicht so gründlich erprobt wie etwa die derzeit von der AUA eingesetzten Vickers Viscount.

Offen ist auch noch, ob unsere AUA mit einer anderen internationalen Fluggesellschaft in irgendeiner Form in Verbindung treten soll oder nicht. Wenn ja, dann wäre es jedenfalls nicht empfehlenswert, sich gerade eine jener Gesellschaften auszusuchen, die als Konkurrenzunternehmen angesprochen werden müssen, wie etwa die SAS, Swissair oder ähnliche. Dieser Konkurrenz wäre die AUA in ihrem heutigen Stadium unter keinen Umständen gewachsen. Ein weitgehend getrenntes Flugnetz oder ein Gleichgewicht der Kräfte wäre hier Voraussetzung. Eher in Frage kämen da die Gesellschaften PAA, TWA usw. Besonders günstig erschiene das Projekt TWA, eine amerikanische Inlandsgesellschaft, die über kein besonderes Uebersee- netz verfügt. Eine Zeitlang bestand auch der Plan, eine Bindung mit der Air-Union, die sich aus der Air-France, der Alitalia und der Sabena zusammensetzt, einzugehen. Aber, wie im obigen Falle, wäre die AUA damit als kleines Rädchen in ein riesiges Getriebe eingebaut worden, was eine selbständige gedeihliche Entwicklung empfindlich gehemmt hätte.

Schließlich steht noch die Frage der finanziellen Konsolidierung der AUA aus. Die bisherigen geringen Mittel erlauben in absehbarer Zeit keinen Ausbau der Gesellschaft. Es müssen also öffentliche Subventionen herangezogen werden. Sie bedeuten heute für den Bund zweifellos kein Risiko mehr, denn die AUA wird ihren Weg machen. Heute ist es bereits so weit, daß uns der Verlust der Gesellschaft mehr kosten würde als ihre Sanierung. Die AUA hat eine Zukunft — für ihre Gegenwart müssen wir sorgen, vorsorgen, investieren.

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