Social Media und die analoge Politik

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Das Kopfschütteln, das die Piratenpartei auslöst, indem sie durch ihre bloße Existenz aus dem Stand ein paar Mandate gewinnt, ist vielsagend. Die Piraten machen alles falsch und damit vieles richtig, was unsere politische Kultur betrifft. Sie sind mit ihrer verkehrten Welt attraktiv für all jene, die einfach genug haben von den sinnentleerten Floskeln des Politsprechs, von der Klientelpolitik klassischen Zuschnitts und dem leidenschaftslosen Agieren der politischen Spitze, deren herausragendste Eigenschaft die völlige Absenz jeglichen Charismas ist.

Demgegenüber weckt selbst das unbedarfte, tolpatschige und inhaltlich unvorbereitete Auftreten der Piraten bereits Hoffnung auf eine andere Art von Politik. Dass das nicht besonders nachhaltig sein kann, liegt auf der Hand. Aber der relative Erfolg der Piraten zeigt noch etwas Tiefergehendes. Er ist auch Ausdruck einer heranwachsenden Generation, deren soziale Identität sich über weite Strecken aus ihrem Agieren im Internet speist. Das erklärt nicht nur bis zu einem gewissen Grad die Unbedarftheit der Piraten in der analogen Welt der Politik, sondern verweist auch darauf, dass in der Welt der Social Media die Verhältnisse genau spiegelverkehrt sind. Faymanns missglückter Facebook-Auftritt ist nur das augenfälligste Symptom des blanken Unverständnisses, das die herkömmliche Politik einem kulturellen Phänomen entgegenbringt, das für immer mehr junge Menschen sinnstiftend ist.

Im Internet hat sich eine Gegenkultur entwickelt, die allergisch auf jeden politischen Eingriff reagiert und die mit den Piraten versucht, auch in der analogen Politik eine Stimme zu erhalten. Dass vieles, was diese Stimme von sich gibt, obskur klingt, ist gewöhnungsbedürftig, das Phänomen als solches muss ernst genommen werden: Politik ahoi!

Der Autor ist Unternehmer und freier Publizist in Wien

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