Macht und Vorurteil
DISKURSStadtviertel ohne Polizei in Seattle
Braucht es eine neue Polizei oder gar keine Polizei? Welche Aufgaben sollen und können Polizisten erledigen, welche sollte die Gesellschaft selbst übernehmen? Das Beispiel der US-amerikanischen Stadt Seattle, die ihren eigenen Weg geht.
Braucht es eine neue Polizei oder gar keine Polizei? Welche Aufgaben sollen und können Polizisten erledigen, welche sollte die Gesellschaft selbst übernehmen? Das Beispiel der US-amerikanischen Stadt Seattle, die ihren eigenen Weg geht.
Wenn die Polizei für die demokratischen Gesellschaften zum Problem würde, dann wäre dieses Problem kein kleines: In den Staaten der Europäischen Union gibt es 1,6 Millionen Polizisten. In den USA 686.000. Sie sollen wachen und schützen. Doch einige von ihnen sind zweifellos selbst Straftäter und Rassisten in Uniform, wie in den USA immer wieder gesehen. Sollte man deshalb die Polizei abschaffen? Herrschen dann nicht Anarchie und Terror, oder wie es der republikanische Ex-Gouverneur von Alaska, Sean Parnell, auszudrücken pflegte, „Chaos und Tod“?
In Seattle haben die Bewohner des Viertels Capitol Hill im Zuge der Massenproteste nach dem Tod von George Floyd einen Versuch gestartet. Sie haben die Polizisten durch ihre Proteste dazu gebracht, ihr Kommissariat zu verlassen und selbst versucht, die Ordnung aufrechtzuerhalten, in einem sechs Straßenzüge umfassenden Areal, der „Capitol Hill Organized Protest Area“, kurz CHOP. Ergebnis in Kürze: Chaos à la Parnell gab es in den ersten Tagen der CHOP nicht, Tod hingegen wohl. Doch dazu mehr im Verlauf der Geschichte.
Polizei – so alt wie die Geschichte
Es muss noch die Geschichte vor der Geschichte von Capitol Hill erzählt werden. Die über Staatswesen ohne Polizei. Und sie ist schnell erzählt: Einen Staat ohne Polizei, das gab es bisher nicht – zumindest nicht lange. Sobald eine Gesellschaft über die engen Grenzen eines Clans hinausging, hatte sie eigens abgestellte Männer zur Überwachung der Regeln. So war es vor mehr als 6000 Jahren in Mesopotamien, dann bei den Ägyptern, den Römern, den Griechen.
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