Starrsinn, Hass und Machtsucht

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Mugabe hat Rhodesien von weißen Rassisten befreit und als schwarzer Rassist Simbabwe zerstört. Als Simbabwe 1980 seine Unabhängigkeit erlangte, sagten andere afrikanische Präsidenten zu Robert Mugabe: "Du hast das Juwel Afrikas in deinen Händen, gib gut darauf Acht." Heute ist das Land ruiniert und Mugabe verfolgt sein Volk mit brutaler Gewalt. Dass er für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit nie verfolgt wird, davon konnte Mugabe bis vor kurzem noch ausgehen - doch die Zeiten des ruhigen Lebensabends für Diktatoren sind vorbei.

Ein Diktator, der wie ein Diktator regiert - schlimm, aber stimmig. Detto ein Tyrann, der tyrannisiert oder ein despotischer Despot. Doch was soll man von einem afrikanischen Unabhängigkeitshelden und Demokratie-Hoffnungsträger für einen ganzen Kontinent halten, der sich zum Diktator, Tyrannen und Despoten verändert hat? Nichts, noch weniger als nichts kann man von so einem Menschen, kann man von Simbabwes Präsidenten Robert Gabriel Mugabe halten.

Für Literatur-Nobelpreisträgerin Doris Lessing war Mugabe "trotz seiner anfänglichen Reputation nie ein Großer; er ist immer ein verängstigter kleiner Mann gewesen". Lessing ist in Südrhodesien, dem heutigen Simbabwe, als Kind britischer Farmersleute aufgewachsen, hat das Land 1949 als Dreißigjährige verlassen. Im selben Jahr erhält der 25-jährige Lehrer Mugabe ein Stipendium in Südafrika. Damit kann er zum zweiten Karrieresprung ansetzen, nachdem er es mit der finanziellen Unterstützung von Jesuitenmissionaren vom bettelarmen Hirtenjungen am Feld bis hinter den Schulkatheder geschafft hat.

In Südafrika trifft Mugabe künftige afrikanische Präsidenten wie Julius Nyerere aus Tansania und Kenneth Kaunda aus Sambia; Nelson Mandela hat kurz zuvor das gleiche College besucht - alle drei werden zu Unabhängigkeitshelden. Und Mugabe eifert ihnen nach; zunächst nur ideologisch-intellektuell, doch nachdem er 1960 in eine Demonstration gegen die koloniale Regierung verwickelt wird, gibt er den Lehrerberuf auf und schließt sich der Opposition an. 1964 wird er für zehn Jahre ins Gefängnis gesperrt. Die Zeit nützt Mugabe für Fernstudien in Wirtschaft und Recht.

Toter Sohn, lebendiger Hass

1966 stirbt Mugabes Sohn. Seine Biografen glauben in diesem Schicksalsschlag eine Erklärung für Mugabes früheren Hass auf die Kolonialherren und heutigen Hass gegen alles, was sich gegen ihn stellt, zu entdecken: Mugabe weint tagelang und bittet für das Begräbnis um Hafturlaub - seine Wärter stimmen dem Antrag zu, doch die Regierung lehnt ab. Erst 1974 darf Mugabe das Gefängnis verlassen - als verbitterter Mann und erbitterter Revolutionär. Von Mosambik aus organisiert er den Befreiungskampf.

Mugabes Flucht über die Grenze dorthin hat ein deutscher Jesuiten-Pater organisiert, in dessen Pfarre am Stadtrand von Salisbury, heute Harare, sich Mugabe im April 1975 vor den Häschern des rhodesischen Geheimdienstes flüchtet. Pater Dieter Scholz sieht damals in Mugabe "einen Menschen, der unschuldig eingesperrt wurde und darüber verbittert war, einen verschlossenen Sonderling ohne Freunde, einen afrikanischen Nationalisten". Die Gewalt der Schwarzen gegen ihre weißen Besatzer, sagt der Pater vor einigen Jahren in einem Spiegel-Interview, "war für uns kein Problem. Es war klar, dass gegen die grausame Herrschaft der weißen Minderheit der bewaffnete Kampf ein legitimes Mittel war." Versteckt in einer Gruppe von Nonnen gelingt Mugabe der Grenzübertritt. 1979 bricht die rhodesische Kolonialregierung des weißen Rassisten Ian Smith unter dem Druck des Befreiungskampfes zusammen. 1980 wird Mugabe zum Premierminister Simbabwes gewählt.

"Nie zuvor ist ein Herrscher an die Macht gekommen", sagt Doris Lessing, "dem sein Volk einen solchen Vertrauensvorschuss gewährt hat." Fast alle erwarteten von ihm die Erfüllung ihrer Träume. Wer in den ersten Jahren Mugabes durch Simbabwe reiste, erzählt Lessing, konnte überall hören: "Mugabe wird dies tun und Genosse Mugabe wird das tun!" Wäre Mugabe so klug gewesen, was er von seinem Volk hörte, auch ernst zu nehmen, glaubt Lessing, hätte er das Land von Grund auf umgestalten können: "Aber er wusste nicht, wie ihm die Leute vertrauten, und er umgab sich stattdessen nur mit Speichelleckern und alten Kumpanen."

Sein Rassenhass bleibt

Wie ein missbrauchtes Kind später nicht selten selbst zum Täter wird, eignen sich im Moment der Machtübernahme die Befreier eines Landes die brutalen Strukturen der früheren Machthaber an. Studien zu politischen Gesetzmäßigkeiten nach Revolutionen bemühen gerne diesen Vergleich, der auch für Simbawe zutrifft. "Es war nicht abzusehen, dass sich Mugabe so entwickeln würde", rechtfertigt sich sein einstiger Fluchthelfer Pater Scholz, doch "Mugabe ist wie Smith: der gleiche Starrsinn, der gleiche Hass, die gleiche Sucht nach Macht!" Und das gleiche schnelle Ende?

Der herbeigeprügelte Rückzug der Opposition deutet in die andere Richtung und Doris Lessing ist darüber hinaus skeptisch: "Mugabe hat eine Kaste von raffgierigen Leuten hervorgebracht, die so sind wie er selbst. Wenn er weg ist, wird es andere, genauso schlimme Leute geben." Und was Mugabe ebenfalls überdauert: "Der Rassenhass, den Mugabe geschürt hat, wird nicht aussterben!"

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