6781462-1969_45_04.jpg
Digital In Arbeit

Steirische Querschüsse

Werbung
Werbung
Werbung

Sicherlich sind Wahlniederlagen nicht dazu angetan, die Mannschaft und das Fußvolk zusammenzuschweißen. Auch nicht bei der ÖVP. Nach den keineswegs ermutigenden Umengängen seit dem März 1966 war für diese Partei der 19. Oktober mit den Landtagswahlen in Nie- darösterreieh und Vorarlberg ein echter und ersehnter Hoffnungsschimmer. Nicht nur, weil man sich beim Wählervolk wieder rehabilitiert sehen wallte, sondern um sich selbst das nötige Vertrauen zurückzuerobern, auch bei den Nationalratswahlen im kommenden Frühjahr bestehen zu können.

Dazu, glaubt Parteiobmann Klaus, ist ein Leitbild notwendig unter dem „die Reformen unserer Gesellschaft und Wirtschaft in den siebziger Jahren durchgeführt werden sollen".

An diese Worte wird auch der Bundesparteitag der ÖVP glauben müssen, der für den 13. und 14. November nach Wien einberufen wurde und der in der Stadthadle tagen wird. Überschrieben ist dieser Parteitag und das zu beschließende Aktionsprogramm mit dem Slogan „Fortschritt und Sicherheit“. Sicherheit ist es auch, was die Volkspartei vor allem selbst braucht. Sicherheit vor allem hinsichtlich der personellen Führung der Partei.

Deshalb gibt es unter Eingeweihten keinen Zweifel, daß auf dem diesjährigen Parteitag Bundeskanzler Klaus als Bundesparteiobmann und Vizekanzler Witbalm als Generalsekretär zur Wahl stehen werden. Mit dieser Maßnahme sollen der Öffentlichkeit gegenüber nun alle Unklarheiten aus der Welt geschafft werden.

So groß die Genugtuung über diese Bestätigung zwar in den Kreisen einer ohnehin mehr oder weniger durch nichts aus der Ruhe zu bringenden Anhängerschaft sein wird, so wenig wird Beifall in den unzufriedenen Parteikreisen und bei den Randschichten des ÖVP-Wählervol- kes zu finden sein.

Aktionsprogramm mit viel „Fortschritt“

„Wie soll“, so fragt der ehemalige Krainer-Sekretär Binder-Kriegel- stein, „eine sehr schwere und strategisch außerordentlich diffizile Wahlschlacht geschlagen werden, ohne den dazu nötigen, vorzüglich funktionierenden Apparat?“ Und daß man in der Steiermark nicht sehr viel Vertrauen in den kommenden Parteitag investiert, zeigt auch die

Tatsache, daß sich die Mannen um Landeshauptmann Krainer für einen steirischen Landtagswahltermin nach dem 1. März 1970 entschieden haben. Vielleicht,, so spekuliert man in Graz, gehen die Nationalratswahlen doch verloren und dann besitzen die Steirer die einmalige Möglichkeit, den Sozialisten eins auszuwischen und am 15. März auch der Wiener Kämt- nerstraße zu beweisen, wie falsch der innerparteiliche Kurs war. Denn nur Sicherheit geben zu wollen, sie aber nicht selbst zu besitzen, ist für einen positiven Wahlausgang zu wenig.

Jedenfalls werden Klaus und Wit- halm am 12. ordentlichen Bundes- parteitag nichts unversucht lassen, die 600 Delegierten vom Gegenteil zu überzeugen:

Erstens durch ihre Wiederwahl und zweitens durch das Aktionsprogramm, das in vier Schwerpunkten der Öffentlichkeit einen sicheren Weg in die siebziger Jahre garantieren soll.

Innerparteilichem Fartschrittsgeist wird Withalm mit Vorschlägen des Statutenausschusses Rechnung tragen, die unter anderem eine Altersgrenze für Politiker und eine Reform des Bundespartedvarstandes vorsehen.

Eines steht aber fest: Wurde der Bundesparteitag 1966 zum „Parteitag der Zukunft“, so findet dieser heuer keine gleichwertige Fortsetzung. Und gab damals Dr. Gleißner seiner Hoffnung Ausdruck, „daß die zu wählende Parteiführung das Vertrauen einer geschlossenen Partei bekommen wird, die es ihr ermöglicht, Österreich bis zum nächsten Parteitag auf dem schweren Weg erfolgreich und glücklich weiterzuführen“, so bleibt beim 12. Parteitag die Frage offen, ob nicht aus der Not eine Tugend gemacht wird, dlie der Führung zwar das Vertrauen der Partei schenkt, obgleich von „geschlossenen Fronten“ keine Rede sein kann.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung