Strasser: Liberal bin ich nicht!

Werbung
Werbung
Werbung

Zugegeben: Es war kein guter Tag für Innenminister Ernst Strasser. In der Pressestunde gute Miene zum bösen Spiel zu machen, wenn man das Ende der Koalition im Nacken hat, ist keine angenehme Sache. Umso dankbarer ist man, wenn zu einem Punkt wirklich Tacheles geredet wird, weshalb ich die Botschaft auch an jene weitergeben möchte, die vielleicht aus Freude am strahlenden Wetter die Pressestunde versäumt haben.

"Liberal ist etwas, was ich nicht bin", sprach der Innenminister und wies damit einschlägige Unterstellungen, wie sie ab und an vom politischen Gegner in der eigenen Koalition formuliert worden waren, unmissverständlich zurück.

Ich bin Strasser für diese Klarstellung dankbar. Ich hätte diesen Begriff seiner Politik sowieso nie zugeordnet, aber in einer Zeit, in der um liberale WählerInnen geworben wird, finde ich es bemerkenswert, wenn ein Politiker den Etikettenschwindel um seine Person selbst aufdeckt.

Strasser ist u. a. für jenes Fremdenrecht verantwortlich, das Hürden statt Brücken baut, und er hat sich zu einem "Integrationsvertrag" hergegeben, dessen Sanktionen wirksamer gestaltet wurden, als die Möglichkeiten von AusländerInnen, deutsch zu lernen. Nun steht ein neues Asylrecht bevor. Der Innenminister erweist sich auch hier als jemand, dem "Ordnung" im Zweifel wichtiger ist, als Freiheit.

Missverstehen Sie mich nicht: Natürlich ist auch für Liberale Ordnung ein wesentliches Prinzip; schon deshalb, weil sie zur Sicherung der Freiheit nötig ist. Aber wenn es notwendig ist, sich zwischen den beiden Werten zu entscheiden, wählt der/die Konservative die Ordnung, der/die Liberale die Freiheit. Strasser will eine Klärung, ob die Voraussetzungen für Asylgewährung vorliegen, in 72 Stunden herbei führen lassen, was bisher oft Monate in Anspruch genommen hat. Mit diesem "kurzen Prozess" schafft er zwar "Ordnung", aber er nimmt damit in Kauf, dass die Freiheit der AsylantInnen dabei auf der Strecke bleibt.

Die Autorin ist Vorsitzende des "Instituts für eine Offene Gesellschaft".

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung