Süßer die USA nie klingen …

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Den großen Worten müssen jetzt nicht zu kleine Taten folgen, heißt es in den Kommentaren zu Barack Obamas Rede an die muslimische Welt in Kairo. Gemeint ist damit ein US-Politikwechsel, gefordert ist damit der US-Präsident. Doch allein kann selbst ein Obama im Nahen Osten nichts ausrichten. Er muss hoffen, dass die anderen Akteure seine Rede als neue "Road map" aufnehmen und mitspielen: Israelis wie Palästinenser, Iraner, Syrer, Ägypter, Saudis und viele mehr …

Der jordanische Kronprinz Hassan bin Talal hat im FURCHE-Interview vor zwei Wochen ausdrücklich und lobend betont, dass die Obama-Rede explizit an die muslimischen Völker und nicht an die Regierenden gerichtet ist. Das macht einen großen Unterschied. Hierzulande hängt die politische Durchsetzungskraft mit der Lufthoheit über den Stammtischen zusammen. In der muslimischen Welt braucht es für politischen Einfluss, der nicht auf Diktatur und roher Macht beruht, die Hoheit über die Herzen. Osama bin Laden weiß das. Eifersüchtig verfolgt er Barack Hussein Obamas Charmeoffensive und ruft die Menschen auf, sich "von den geschliffenen Worten nicht einlullen zu lassen". Osama sagt, Obama und seine Regierung hätten "neue Samen des Hasses gesät". Dabei fürchtet er nichts mehr, als dass der Kairoer-Samen eines neuen Miteinanders aufgehen könnte.

Noch jemand anderer, ebenfalls ein Gesicht ohne Lachen, sieht seine Felle davonschwimmen: Seyyed Ali Khamenei, Irans graue Eminenz, hat Obama angegriffen, er würde nur "süße und schöne Reden vor den muslimischen Ländern halten". Das ändere aber nichts, "die Nationen in diesem Teil der Welt hassen die USA zutiefst". Khamenei scheint schon zu lange in seinem Revolutions-Verlies zu verknöchern, scheint vergessen zu haben, dass die Menschen im Iran und in der ganzen Region nichts mehr lieben als Schönes und Süßes. Wenn es etwas gibt, worauf sich Perser wie Araber verständigen können, dann ist es ihre Leidenschaft für Süßes - rhetorisch, kulinarisch, erotisch …

Aufpassen auf die US-Heimatfront

Khamenei hat allen Grund zur Sorge. Am vergangenen Sonntag hat er seine erste Wahl verloren. Der Wahlsieg des pro-westlichen Bündnisses im Libanon ist eine schwere Schlappe für die Hisbollah und ihre iranischen Mäzene. Und ist es völlig an den Haaren herbeigezogen, die sensationell hohe Wahlbeteiligung der Libanesen und ihr Abstimmungsverhalten als erste "gute Tat" nach den Obama-Worten zu sehen?

Seine zweite Wahl wiederum hat Khamenei noch nicht gewonnen. Wird sein Kandidat, Mahmud Ahmadinedschad, am Freitag aus dem iranischen Präsidentenamt gewählt, ist das eine herbe Niederlage für die kriegstreibende Fraktion im Mullah-Regime. Freitag ist Feiertag in der muslimischen Welt. Wenn ihm die Iraner seine süßen Worte mit einer "guten Wahl" vergelten, ist auch Feiertag für den US-Präsidenten mit dem "H" für Hussein in seinen Initialen.

Dabei muss Obama aufpassen, dass ihm die Heimatfront nicht die Strahlkraft seiner Rede verdunkelt. Obama muss verhindern, dass seine Hausjuristen kurzen Prozess mit den 9/11-Angeklagten machen. Die "Gotteskrieger" wünschen sich nichts mehr als "den Tod durch die Hand ihrer Feinde" - und Bin Laden braucht unbedingt neue Märtyrer. Wenn Obama Osama diesen Gefallen tut, ist er dumm. Dann würde er mit einer schnellen Unterschrift wieder das zerstören, was er in Kairo mit 6000 süßen Worten aufgebaut hat. Doch nach Kairo ist wieder mehr Gewissheit: Obama ist nicht dumm.

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