Tausendundkein Buch

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Zensur, bürokratische Hürden, Analphabetismus und geringe Kaufkraft machen dem arabischen Buchmarkt zu schaffen - allein religiöse Werke boomen.

Nimm eine Rose und nenne sie Lieder / und sing sie für die ganze Welt", schreibt der syrische Dichter Adonis und drückt so die Liebe der Araber zur Poesie aus. Daneben bietet die Flucht in Lyrik und belletristische Prosa die einzige Möglichkeit für arabische Schriftsteller soziale und politische Kritik zu äußern, erotischen Phantasien nachzugehen, ohne der Zensur zum Opfer zu fallen. "Dichter und Romanschriftsteller können immer behaupten, sie meinten etwas anderes", sagt Hassan Khader, der Herausgeber der arabischen Literaturzeitschrift Al Karmel.

"Autor und Verlag sind gezwungen, den Launen und Instruktionen der arabischen Zensoren gerecht zu werden, dies verhindert, dass ein Buch uneingeschränkt auf den Markt kommen kann", fasst Fathi Khalil el-Biss, der Vizepräsident der arabischen Verleger-Union, die Situation am arabischen Buchmarkt zusammen.

Die Araber stellen fünf Prozent der Weltbevölkerung, analysiert der Arab Human Development Report 2003 (ADHR), doch sie veröffentlichen nur ein Prozent aller Bücher. Umso höher ist ihr Anteil an religiösen Büchern: 17 Prozent gegenüber fünf Prozent im Weltdurchschnitt. 1996 wurden in den arabischen Ländern nicht mehr literarische und künstlerische Bücher als im Jahr 1945 produziert - trotz einer Leserschaft von 280 Millionen Menschen in 22 arabischen Ländern. Auch der hohe Anteil von Analphabeten in manchen arabischen Staaten und die sinkende Kaufkraft arabischer Leser verhindern laut ADHR die Herausgabe vieler Bücher.

Hinzu kommt, dass übersetzte Bücher - entscheidend für den Erwerb und die Weitergabe von Wissen - in der Arabisch sprechenden Welt selten sind: Nur 10.000 Bücher wurden im gesamten vergangenen Jahrtausend (!) ins Arabische übersetzt - das entspricht der Anzahl von Büchern, die jährlich ins Spanische übersetzt werden.

Der Iraker Hussain Al Mozany hat Günter Grass' "Blechtrommel" ins Arabische übersetzt. Sein Befund ist ernüchternd: Wenn es nach den arabischen Regierungen ginge, "würden sie keinen Augenblick zögern, der arabischen Literatur, die ohnehin einen schweren Stand hat, den Todesstoß zu versetzen."

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