Trump - nach 200 Tagen ...

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Die gute Nachricht: Der Anführer der Weltmacht USA ist um einiges weniger bizarr als Nordkoreas Diktator. Und nach wie vor ist er von einem demokratischen Kontrollsystem umgeben, das seine Aktionen im Ernstfall überwachen und zügeln kann.

Die schlechte Nachricht: Das unmittelbare Umfeld im Weißen Haus und in der US-Administration, das Donald Trump vor sich selbst schützen sollte, hat ein "Ozonloch" bekommen: Was dieser Präsident der Welt via Twitter auf ja maximal 140 Zeichen verkündet, ist nicht nur von riskanter Spontaneität und Kürze. Es ist offenkundig sogar dem Einfluss engster Mitarbeiter, erst recht dem der Bürokratie entzogen. Wie sonst wäre die jüngste "Feuer und Wut"-Botschaft erklärbar?

Nach 100 Tagen ...

Nein, es kann nicht Aufgabe Europas sein, diesen Präsidenten permanent als Kriegshetzer oder Lachnummer zu karikieren und das ganze befreundete Amerika mit unserer Ratlosigkeit zu belasten. Aber Faktum ist -und dies soll kurz in Erinnerung gerufen werden - was schon nach "100 Tagen Trump" an dieser Stelle über ihn erschienen ist ("Anfang schlecht -alles schlecht?", FUR-CHE Nr. 13,30. März). Da hieß es:

Offenkundig fehlt Trump jede Geduld; er ist dünnhäutig und rachsüchtig. Eine große Nation aber ist anders zu behandeln als das Haifischbecken eines Immobilien-Tycoons.

Seine Kommunikation via digitale Kurzbotschaften ("Tweets") vernichtet jede Sensibilität. Den Anfängerkurs für werdende Staatsmänner hat er nie besucht.

Die Erfahrung sagt, dass mit jeder innenpolitischen Niederlage die Versuchung wächst, außenpolitisch abzulenken und das Volk durch "Bedrohungen" zu solidarisieren. Selbst die angesehene Zeitschrift "Foreign Affairs" hat für die kommenden Jahre drei große Bedrohungsszenarien identifiziert: Eskalation mit dem Iran bis zur Bombardierung der Atomanlagen; Handelskrieg mit China bis zum militärischen Konflikt; Konfrontation mit Nordkorea bis zum Angriff.

Wer diese Furcht für heillos überzogen hält, der sei an Trumps Wort kurz nach seinem Einzug ins Weiße Haus erinnert: "Wir müssen wieder Kriege gewinnen!"

Soweit der Text von damals. Und heute? Die Erfahrungen sind leider nicht erfreulicher geworden, im Gegenteil. Nur ein Beispiel, das uns direkt betrifft: Der Verdacht, Trumps Team habe im Wahlkampf mit Putin geküngelt, hat die US-Republikaner -seine eigene Partei -zuletzt dazu verführt, mit neuen US-Sanktionen ihre Distanz zu Moskau zu demonstrieren. Mit der schlimmen Folge, dass Amerika und die EU heute in einer Zentralfrage gemeinsamer Politik -der Russland-Politik - erstmals tief gespalten sind. Von Fragen wie dem Klimaschutz usw. ganz zu schweigen.

200 Tage Trump sind vorbei - gibt es noch Hoffnung? Falls ja, dann wohl nicht mehr aus der Einsicht dieses Präsidenten. Jetzt ist das Funktionieren des US-Systems gefordert: Kongress, Armee, Geheimdienste, Medien. Zeitgerecht vielleicht auch die Wähler.

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