Über 1000 Regimegegner im Gefängnis

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Palden Choetso, auch bekannt unter dem Namen Choesang, war 35 Jahre alt, als sie sich am 3. November in Tawu Namgyal Stupa bei einem öffentlichen Gebet mit Benzin übergoss und anzündete. In ihren Händen hielt sie ein Spruchband mit den Worten "Lang lebe der Dalai Lama“ und "Befreit Tibet.“ Dawa Tsering war 38 Jahre alt, als er sich während einer religiösen Zeremonie im Kloster Karze in Brand steckte. Er rief dabei den Namen des Dalai Lama, "Gleichheit unter den Völkern“ und "Freiheit für Tibet“. Das sind nur die letzten beiden Todesopfer einer Protestwelle, die seit März dieses Jahres elf Mönche und Nonnen das Leben kostete.

Die Selbstmordwelle dürfte laut Amnesty International die Reaktion auf den erhöhten chinesischen Druck auf die religiösen Zentren des tibetischen Lebens sein. Im März dieses Jahres waren nach Protesten gegen ein Sprachgesetz, das den Unterricht in Tibetisch weitgehend ausschaltet und durch Mandarin ersetzt, Schüler, Lehrer und Mönche verhaftet worden. Unter den Verhafteten befanden sich auch Kinder, die zur Umerziehung in "patriotische Lager“ gebracht wurden. Die meisten der verhafteten Mönche wurden zwar wieder freigelassen. Fünf von ihnen müssen allerdings dreijährige Haftstrafen verbüßen, drei weitere wurden zur Umerziehung in Arbeitslagern verurteilt.

Einige Klöster wurden nach Angaben von Exiltibetern durch die Behörden von der Außenwelt abgeschnitten. Die Sicherheitskräfte kappten die Wasser- und Stromzufuhr, sowie den Nahrungsmittelnachschub. In der Ngaba-Region wurden Internet- und Telefonnetze unterbrochen. Im Kloster Kirti haben Regierungskommissäre die Umerziehung auf täglicher Basis übernommen.

Folter und fragwürdige Urteile

Das tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie hat in einem Bericht über 1000 politische Gefangene aufgelistet. Die ihnen vorgeworfenen Delikte beinhalten meist Plünderung und Anstiftung zur Gewalt. In dem Bericht ist auch von systematische Folter im Polizeigewahrsam die Rede.

Unter den Folteropfern dürfte sich auch der ehemals erfolgreiche Geschäftsmann Karma Samdrup befinden. Samdrup war im Sommer 2010 festgenommen und nach sechs Monaten Untersuchungshaft wegen "Grabräuberei“ zu 15 Jahren Haft verurteilt. Beim Prozess berichtete er von tagelangem Nahrungsentzug im Polizeigefängnis und der Zwangsverabreichung einer Flüssigkeit, die Blutungen in den Augen und an den Ohren auslöse.

Sein Anwalt gab an, ihm sei der Zugang zu seinem Mandanten verweigert worden - ebenso wie Akteneinsicht. Kurz vor seiner Verhaftung hatte sich Samdrup lautstark für eine Gruppe von tibetischen Dorfbewohnern stark gemacht, die sich gegen das Umsiedlungsprogramm der chinesischen Regierung ausgesprochen hatten. (tan)

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