Polizei - © Foto: APA / Hans Klaus Techt

Umstrittener Corona-Polizeieinsatz

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Ein Tischlermeister in Zell am See wird beim Kundengespräch zum Opfer eines rechtswidrig durchgeführten Polizeieinsatzes. Negativbeispiel einer sich aufschaukelnden Bürger-Polizei-Begegnung – und Ratschläge für notwendige Lehren daraus.

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Ein Tischlermeister in Zell am See wird beim Kundengespräch zum Opfer eines rechtswidrig durchgeführten Polizeieinsatzes. Negativbeispiel einer sich aufschaukelnden Bürger-Polizei-Begegnung – und Ratschläge für notwendige Lehren daraus.

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Tischlermeister Ernst Deutsch wirbt auf seiner Homepage mit dem Banner „08/16-Gastronomie“ und verspricht maßgeschneiderte, kreative Lösungen bei der Inneneinrichtung von Schankbetrieben. Die von ihm entworfene und betriebene „Containerbar“ neben seiner Tischlerei in Zell am See nennt er „das Herzstück unserer gastronomischen Kreativität“. Am Abend des 3. April 2020 wird die Bar Schauplatz eines Polizeieinsatzes, der wie eine 08/15-Amtshandlung beginnt, sich jedoch schnell immer mehr aufschaukelt.

Das Wort „aufschaukeln“ findet sich mehrmals im 25 Seiten starken Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg aus der Vorwoche auf die von Deutsch eingebrachte Maßnahmenbeschwerde. Es beschreibt nicht nur die an diesem Abend eskalierende Amtshandlung in der Containerbar, sondern betrifft auch die damalige, von den Corona-Maßnahmen aufgeheizte und von sich teils widersprechenden Hü-Hott-Rufen aus Politik und Wissenschaft verunsicherte Stimmung im Land. Ohne dieses Corona-Grundrauschen wäre es nicht zu der Amtshandlung am 3. April gekommen.

In diesem Corona-Grundrauschen war nicht nur die persönliche Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger gefährdet, sondern auch die persönlichen Freiheitsrechte waren einem Corona-Stresstest ausgesetzt. „Die Ängste vor einer Pandemie haben das politische Bewusstsein für die Bedeutung der persönlichen Freiheitsrechte zurückgedrängt“, antwortet der Salzburger Rechtsanwalt Franz Essl auf die diesbezügliche Frage der FURCHE. „In der Anfangszeit des Lockdown gab es politische Maßnahmen, die sich anmaßten, vereinfachende Rezepturen für die – teils selbst produzierten – Ängste bereitzustellen“, sagt Essl, der die Maßnahmenbeschwerde für Deutsch vor Gericht einbrachte, und er fügt hinzu: „Den Covid-19-Gesetzen und -Verordnungen merkt man an, dass sie in Eile zustande kamen.“

Der 3. April war der Freitag vor dem Palmsonntag, die Osterferien standen vor der Tür, und die Lust auf Auferstehung nach drei Wochen Lockdown war groß. Doch die Regierung warnte vor zu viel Optimismus: „Sonst kann uns alles kippen. Da ist kein Spielraum drinnen für eine Osterfeier.“

Für Kundengespräche galt diese Einschränkung nicht, hatte sich Deutsch als Rechtsauskunft geholt. Das erzählt er im Gespräch mit der FURCHE in seiner Containerbar, wo er am Abend des 3. April gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und einer Kundschaft aus dem Hotelgewerbe zur Besprechung einer Küchengestaltung zusammensaß. Gegen 20 Uhr leuchteten zwei Personen mit Taschenlampen durch das Fenster und versuchten, die versperrte Tür zu öffnen. „Wir haben geschlossen“, rief Deutsch. Ein Schild mit dieser Aufschrift hing ebenfalls auf der Tür. Die Personen gaben sich als Polizisten zu erkennen, forderten die Öffnung der Tür. Deutsch sperrte auf und widersprach dem Vorwurf des Polizisten, die Bar trotz Corona-Bestimmungen geöffnet zu haben. Ein Passant hatte das angebliche Offenhalten angezeigt. So wie einige Tage vor dem 3. April, als ebenfalls Polizisten an die Tür klopften. Deutsch öffnete auch damals, erklärte, dass er mit seiner Lebensgefährtin im Lokal sei, die Beamten wünschten schönen Abend.

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