United Colours of N.Ö.

Werbung
Werbung
Werbung

Es sieht alles nach einer "gmahden Wies'n" (gut niederösterreichisch gesagt) für Erwin Pröll aus. Der letzte Grande unter den ÖVP-Landeshauptleuten etablierte sich in den vergangenen Jahren als Landesvater, degradierte seine schwarzen Mitstreiter in der Regierung zu Zuträgern in Sachfragen und ließ gegenüber den Nicht-ÖVPlern im Regierungsteam (drei rote, ein blauer Landesrat) niemals Zweifel aufkommen: Erwin Pröll regiert das Land. Und so ist es nicht verwunderlich, daß knapp vor der Wahl das Konterfei des Weinviertlers von tausenden Plakatstellen lachen wird. Titel: United Colours of Niederösterreich.

In der Tat, die Meinungsumfragen geben Erwin Pröll recht. Zwischen 42 und 44 Prozent soll Pröll mit seiner ÖVP einheimsen. Er würde damit der hartnäckigen ÖVP-Krise in anderen Bundesländern trotzen.

Erstaunlich zahnlos der Wahlkampf der zweitstärksten Partei im Lande. Ernst Höger gilt als einflußreicher Politiker in der Bundes-SPÖ. In Niederösterreich selbst kann er diese Rolle allerdings nicht bekleiden. Die Parteistrategen setzen auf Schadensbegrenzung. Und auf einen biederen Wahlkampf: Mit Würstelstand und Sozialparolen tingelt der Familienmensch Höger derzeit durch das Land. Und immer unwilliger beantwortet er Journalistenfragen, ob er nach dem 22. März nicht doch dem Purkersdorfer Superstar, Innenminister Karl Schlögl, Platz machen wird.

Den größten Sprung nach vorne wird bei diesen Landtagswahlen wohl die Freiheitliche Partei machen. Symbolfigur des Wahlkampfs - wie könnte es anders sein - ist nicht der blau-gelbe Spitzenkandidat Bernhard Gratzer, auch nicht Landesrat Hans Jörg Schimanek, nein, es ist der Jörgl. Sein politisches Schicksal hänge von diesen Landtagswahlen ab, versuchte er vor wenigen Wochen den Niederösterreichern auszurichten. Sagte es und legte die Schicksalslatte gleich extrem niedrig. 14 Prozent wolle er von seinen Männern (derzeit zwölf). Eine Vorgabe, die es dem Kärntner nicht schwer machen wird, nach dem 22. März den Verbleib in der Politik zu feiern. Zwischen 15 und 17 Prozent wird den Blauen gegeben, was auch den Gewinn eines zusätzlichen Landesratssessel bedeuten würde.

Die Überraschung schlechthin bereiteten der niederösterreichischen Politik bei den letzten Landtagswahlen die Liberalen. Auf Anhieb drei Mandate. Am Ende der Legislaturperiode bildet Gerold Dautzenberg einen Solo-Club. Der skurrile Mödlinger Baumeister Pepi Wagner scherte bereits nach einigen Monaten aus, und die junge Klosterneuburgerin Desiree Dorfmeister-Stix folgte den Lockrufen Erwin Prölls und wechselte das politische Kleid. Und selbst Gerold Dautzenberg hat die Schnauze voll von der Politik. Er kandidiert nicht mehr. Die neue Spitzenkandidatin hat einen saftigen Privatskandal am Hals. Es ist mehr als unwahrscheinlich, daß es nach dem 22. März eine liberale Fraktion im blau-gelben Landtag geben wird.

Als Fixstarter gelten allerdings die Grünen. Und dies, obwohl das Land eigentlich wenig grünen Zündstoff liefert. Das eigentliche Hauptthema, der Semmering-Basis-tunnel, ist vom Landeshauptmann besetzt, die großen Müllgruben sind (politisch) Schnee von gestern, und so verlegt man sich auf die Präsentation einer überaus sympathischen Spitzenkandidatin und auf jenseits der Grenze stehende Atomkraftwerke. Macht nix: Den Grünen dürfte der Zeitgeist helfen. Derzeit liegen sie bei sechs Prozent. Was satt reichen würde.

Dabei kommt den beiden Kleinen eine Schlüsselrolle zu: Schaffen die Liberalen (wider Erwarten) und die Grünen den Einzug in den Landtag, so wird wohl Erwin Pröll einen Regierungssitz an die Freiheitlichen abgeben müssen. Dies hätte den Verlust der Regierungsmehrheit für die ÖVP zur Folge. Weshalb die Wahlplakate unmißverständlich botschaften: "Es ist eine Entscheidungswahl", läßt Erwin Pröll mit dem Blick auf das romantische Weinviertel ausrichten. "Es geht um das soziale Gleichgewicht", beschwört Ernst Höger linke Wählerschichten. Nur die Freiheitlichen machen aus ihrem Wahlplakat ein interaktives Medium. Und testen die Niederösterreicher in Geographie: "Unser Geld für unser Land - oder leben wir in Brüssel?"

Der Autor ist Chefredakteur der Niederösterreichischen Nachrichten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung