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Verbesserung des Ist-Zustandes

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Das Thema Rufbereitschaft ist hochgespielt. Es geht um die gesetzliche Festlegung eines Mindeststandards, den derzeit noch gar nicht alle Spitäler erfüllen können.

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Das Thema Rufbereitschaft ist hochgespielt. Es geht um die gesetzliche Festlegung eines Mindeststandards, den derzeit noch gar nicht alle Spitäler erfüllen können.

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Das österreichische Gesundheitswesen ist durch eine gut funktionierende Versorgung sowohl im intramuralen als auch im extramuralen Bereich gekennzeichnet. Doch nichts, auch nicht unser Gesundheitssystem, ist so gut, daß es ohne Verbesserungen oder Veränderungen auf lange Sicht bestehen könnte. Die nun geplanten Reformmaßnahmen haben daher zum Ziel, die Ausgabendynamik bei gleichzeitiger Sicherstellung der Qualität einzubrem-sen und das Kostenbewußtsein bei allen Beteiligten zu stärken.

Nach jahrzehntelangen fruchtlosen Diskussionen ist es dem Bund und den Ländern nunmehr gelungen, sich über ein großes Reformpaket im österreichischen Krankenanstaltenwesen zu einigen. Was sind nun die zentralen Aspekte des ersten Schrittes der Gesundheitsreform in Osterreich?

Ein wesentlicher Punkt ist die österreichweite Einführung der leistungsorientierten Krankenanstal -tenfinanzierung. Seit 1978 hat man von der Notwendigkeit dieser System umstellung gesprochen. Bisher hat es den Beteiligten jedoch am erforderlichen Mut zu diesem Beformschritt gemangelt.

Ein weiterer Schwerpunkt dieser Reform ist die Erstellung und Umsetzung eines Gesundheitsplanes. Dieser Plan soll schlußendlich alle Gesundheitsbereiche umfassen und einen Krankenanstaltenplan, einen Großgeräteplan, einen Spitalsambulanzplan, einen Rehabilitationsplan, einen Niederlassungsplan und einen

Pflegeplan als Teilpläne beinhalten. Damit kann eine bessere Koordination und Abstimmung der verschiedenen Anbieter von Gesundheitsleistungen erreicht werden. In einem ersten Schritt wurden ein Krankenanstaltenplan und ein Großgeräteplan festgelegt.

Uberschattet wurde die Einigung über dieses Reformpaket durch die Diskussion über die Rufbereitschaft. Was sieht nun das Krankenanstaltengesetz (KAG) diesbezüglich genau vor? In Zentralkrankenanstalten wird es eine uneingeschränkte Anwesenheit von Fachärzten in allen Fächern geben. In den Schwerpunktkrankenanstalten wird in den Fächern Anästhesie und Intensivmedizin, Chirurgie, Innere Medizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Kinder-und ' Jugendheilkunde, Psychiatrie und Unfallchirurgie jederzeit ein Facharzt anwesend sein. In Standardkrankenhäusern muß im Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienst jederzeit eine sofortige notfallmedizinische Versorgung durch einen Facharzt aus den Fächern Anästhesie, Chirurgie, Unfallchirurgie oder Innere Medizin gewährleistet sein. Der anwesende Facharzt muß auf jeden Fall eine Notarztausbildung haben.

Wichtig ist auch, daß neben dem Facharzt mit Notfallausbildung in jedem Fach ein Turnusarzt anwesend sein muß, der bereits über die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen muß. Der verantwortliche Arzt wird entscheiden, ob er diese Fähigkeit bereits hat.

In einer Reihe von Fächern ist keine permanente Facharztanwesenheit während der Nacht-, Wochenend-und FeiertagsdienstS erforderlich. Es genügt, wenn ein in Rufbereitschaft befindlicher Facharzt in einem angemessenen zeitlichen Intervall im Spital eintrifft. Der angemessene Zeitraum wird für jedes Fach nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis festgelegt werden.

Die nun ausgehandelte Regelung wird seit Jahrzehnten in vielen österreichischen Spitälern praktiziert. Zirka 20 Standardkrankenhäuser können derzeit nicht einmal den jetzt neu verlangten Mindeststandard erfüllen, das heißt, diese Spitäler müssen die Zahl ihrer Fachärzte erhöhen. Das neue KAG hat zur Folge, daß gegenüber dem Ist-Standard 159 Fachärzte mehr gebraucht werden. Es handelt sich also um eine klare Verbesserung des Ist-Standes. In diesem Zusammenhang soll auch darauf hingewiesen werden, daß die Rufbereitschaft international absolut üblich ist. Die österreichische Regelung geht sogar über die vergleichbaren Anforderungen in unseren Nachbarländern Deutschland und Schweiz hinaus.

Da es sich bei der im KAG festgelegten Regelung um einen Mindeststandard handelt, steht es den Spitalsträgern selbstverständlich frei, den ärztlichen Dienst über diesen Standard hinaus zu organisieren. Kein Spitalsträger wird den Standard aufgrund dieses Gesetzes senken. Es wird für jene Krankenhäuser, die notwendig sind, weil sie für die Patienten im ländlichen Raum eine wichtige versorgungspolitische Funktion haben, aber nicht in jedem Fach rund um die Uhr einen Facharzt anbieten können (zum Beispiel weil zu wenige Fachärzte vorhanden sind; weil zu wenige Fachärzte für das betreffende Spital gewonnen werden), eine gesetzliche Basis geschaffen, um die Organisation des ärztlichen Dienstes nicht außerhalb der Legalität durchführen zu müssen.

Abschließend weise ich noch daraufhin, daß diese Regelung nicht von irgendwem, der keine Ahnung vom ärztlichen Dienst hat, ausgearbeitet wurde. Die Verhandlungspartner waren in erster Linie Ärzte; nämlich die ÖVP-Gesundheitssprecher Rasinger und Lainer sowie die Gesundheitslandesräte Bischof (Vorarlberg), Za-non (Tirol), Aichinger (Oberösterreich) und Ausserwinkler (Kärnten).

Das österreichische Spitalswesen ist durch seine hervorragende Versorgungsqualität gekennzeichnet. An dieser Qualität wird sich durch die Legalisierung der Bufbereitschaft nichts ändern.

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