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Verfassungsreform: Die Zeit wird knapp

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Jürgen Weiss (ÖVP), Noch- Minister für Föderalismus und Verwaltungsreform, warnt im FuRCHE-Gespräch vor Verzögerungen bei der Beschlußfassung von EU- Anpassungsgesetzen.

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Jürgen Weiss (ÖVP), Noch- Minister für Föderalismus und Verwaltungsreform, warnt im FuRCHE-Gespräch vor Verzögerungen bei der Beschlußfassung von EU- Anpassungsgesetzen.

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DIEFURCHE: Der Regierungsentwurf für die Bundes Staatsreform wurde bereits als Gesetzesantrag in den neuen Nationalrat eingebracht Zur Beschlußfassung ist allerdings die Zustimmung einer der drei Oppositionsparteien notwendig, die bereits Ande- rungswünsche angemeldet haben. Wo sehen Sie den Spielraum für Veränderungen der Regierungsvorlage?

JCRGEN WEISS: Ein Bereich ist sicher die rasche Einführung der Landes- Verwaltungsgerichtshöfe, was ja in der Regierungsvorlage“ bisher lediglich als programmatische Absichtserklärung aufscheint. Da hat das Land Wien mittlerweile seinen Widerstand aufgegeben. Und dann liegen noch die Wünsche des Liberalen Forums nach einer Stärkung der Gesetzgebungskompetenz der Landtage sowie der FPÖ nach einer Stärkung der Kompetenzen des Bundesrates vor. Das Problem dabei ist, daß das alles alte Wünsche der ÖVP und der Länder sind, die aber von der SPÖ stets abgelehnt wurden. Es wird daher abzuwarten sein, ob die Sozialdemokraten bewegungsfähig sind.

DIEFURCHE: Befürchten Sie, daß wenn die SPÖ nicht bisherige Positionen aufgibt, die Bundesstaatsreform insgesamt scheitern könnte?

WEISS: Ich gehe davon aus, daß die Vernunft siegen wird und die Bundesstaatsreform zustande kommt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß die SPÖ mit einer starren Haltung ihren Vorsitzenden und Bun deskanzler in die Lage versetzt, seine Versprechen gegenüber den Bundesländern nicht einhalten zu können.

DIEFURCHE: Mit welcher der drei Oppositionsparteien wird wohl am ehesten eine gemeinsame Basis gefunden werden können?

WEISS: Am wenigsten wohl bei den Grünen: ihre Vorschläge gehen in eine ganz andere Richtung, als von den Ländern angestrebt. Etwa eine Volkswahl, also letztlich eine Verpo- litisierung der Bezirkshauptleute. Mit der gleichen Argumentation könnte man ebenso gut sagen, daß andere Verwaltungsorgane wie etwa >die Finanzamtsleiter gewählt werden sollen. Da ist eine gemeinsame Basis nur schwer vorstellbar. Bei den Liberalen muß man erst konkrete Vorschläge abwarten. Und die Vorschläge der FPÖ wurden, wie erwähnt, inhaltlich von der SPÖ bisher abgelehnt ...

DIEFURCHE: Sie rechnen aber nach wie vor damit, daß die Bundesstaatsreform gemeinsam mit den EU-Anpassungsgesetzen noch vor dem 1. Jänner 1995 beschlossen wird?

WEISS: Die Länder pochen darauf, daß die Bundesstaatsreform gemeinsam mit der begleitenden Bundesverfassungsgesetznovelle für den EU-Beitritt beschlossen wird. In die sem Zusammenhang sollte man auch den Bundesrat nicht außer acht lassen: selbst wenn der Nationalrat sagt, wir beschließen vorerst jenen Teil der geplanten Novellen, der außer Streit steht, könnte daraufhin der Bundesrat sagen, entweder es wird alles auf einmal beschlossen oder gar nichts. Und da muß uns natürlich klar sein, daß ein wichtiger Teil der EU-Anpassungsgesetze mit dem angestrebten Beitritssdatum, und das ist nach wie vor der 1. Jänner 1995, beschlossen sein muß. Es gibt die verbindliche Zusage der Regierung gegenüber der EU, daß die entsprechenden GASP-Regelungen (also die Verankerung der Bestimmungen der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“ der EU in der österreichischen Verfassung; Anm. d. Red.) sowie die provisori-sche Nominierung in das Europaparlament bis zum Beitrittsdatum gesetzlich geregelt werden. Nach wie vor gilt die Zusage der Bundesregierung und des Bundeskanzlers, daß gleichzeitig die Bundesstaatsreform beschlossen wird.

DIEFURCHE: Sie meinen also, daß die Zeit sehr knapp wird?

WEISS: Ja. Mit Jürgen Weiss sprach Norbert Stanzet Die Idole der Mandatare

PARLAMENT Am Montag wurden die 183 Nationalratsabgeordneten für die 19. Gesetzgebungsperiode der Zweiten Republik feierlich angelobt; 54 sind neu im Hohen Haus - neun der SPÖ, 15 der ÖVP, 18 der FPÖ, je sechs bei den Grünen und beim Liberalen Forum.

Der Pressedienst der Parlamentsdirektion legte den Neo-Abgeordneten Fragebögen vor, die Ergebnisse wurden nun veröffentlicht. Demnach nennen drei der neun neuen sozialdemokratischen Mandatare Bruno Kreisky als ihr Vorbild. Bei der ÖVP konnte hingegen ein aktiver Politiker die einstigen Symbolfiguren überflügeln: drei Neo-Mandatare nennen Außenminister Alois Mock als Idol, je zwei können sich für die Polit-Legenden Julius Raab und Leopold Figl erwärmen.

Wenig verwunderlich sind die Vorlieben der neuen freiheitlichen Abgeordneten: gleich vier von ihnen bekennen sich zu Jörg Haider als ihrem Vorbild; überraschender ist hingegen daß ein FPÖ-Mandatar - der Niederösterreicher Hermann Mentil - Alt-Bundespräsident Kirchschläger nennt. Über den engen Rand heimischer Innenpolitik hinaus denken anscheinend die Neueinsteiger bei den beiden anderen Oppositionsparteien: so werden etwa bei den Grünen Mahatma Gandhi und bei den Liberalen Karl Popper als Vorbilder angeführt. nos

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