Verzetnitsch, Feuerstein und die katholische Kirche

Werbung
Werbung
Werbung

Fred Feuerstein, der Zeichentrickfilmheld aus der Steinzeit, hat es getan. Fritz Verzetnitsch, der ÖGB-Präsident seit Urzeiten, tut es: Beide trommeln gegen Türen, die im einen Fall die Ehefrau, im anderen der Bundeskanzler zugeschlagen haben. Und "wer auf der einen Seite die Tür zuschlägt", drohte der oberste Gewerkschafter beim SPÖ-Aufmarsch am 1. Mai, "muss das Klopfen der Faust auf der anderen Seite spüren".

Fred Feuersteins Klopferei war mäßiger Erfolg beschieden. Mit Geschenken und lieben Worten für seine Frau Wilma konnte er mehr erreichen. Auf Verhandlungen und Konsensfindung hat auch Fritz Verzetnitsch seit seiner Wahl zum ÖGB-Präsidenten im Jahr 1987 gesetzt. Drohungen und starke Sprüche waren seine Sache nicht: "Gelebte Sozialpartnerschaft", "Beibehaltung des Miteinanders" und "Streik als wirklich letztes Mittel" - Bekenntnisse dieser Art sind bislang im Nachrichtenarchiv unter dem Stichwort "Verzetnitsch" zu finden. Ihm fehle heute "der Geist von vor 50 Jahren", beklagte der am 22. Mai 1945 geborene Wiener oft das fehlende Miteinander. Als Initiator des ersten großen Streiks seit den 50-er Jahren kann der gelernte Installateur zumindest in dieser Hinsicht an verloren geglaubte Traditionen anknüpfen.

Aber auch andere Bräuche sind Verzetnitsch wertvolle Inspiration: "Die katholische Kirche ist heute 2.000 Jahre alt und muss trotzdem jeden Tag ihre Glocken läuten lassen, um sich in Erinnerung zu rufen", meinte Fritz Verzetnitsch 1990 bei einer Gedenkveranstaltung zum Oktober-Streik 1950. Der ÖGB-Chef zog daraus den Schluss: Die Gewerkschafter sollten ihre Glocken ebenfalls stärker erklingen lassen. Nicht untypisch für Verzetnitsch, dass er mit dem Streikeinläuten dann doch wieder zwölf Jahre zugewartet hat. WM

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung