Das Buch "Vom wahren Leben im Rechtsstaat“ ist keine Publikation der Volksanwaltschaft (als Kollegialorgan) sondern eine der Volksanwältin Gertrude Brinek. Die Personennamen sind, soweit sie Beschwerdefälle der Volksanwaltschaft betreffen, anonymisiert dargestellt, wie es in erläuternden Bemerkungen heißt. Wesen und Wert des knapp 350 Seiten starken Bandes liegen in seiner mehrschichtigen Anlage, in den Erläuterungen, den Verzeichnissen.
Strukturiert referiert Brinek vom "wahren Leben hinter den Fällen“, von "Sorgengeschichten“ und von den schwierigen Beziehungen im Dreieck "Staat-Bürokratie-Bürger“. Sie berichtet, wie Menschen ihre Mittel und Möglichkeiten überschätzen und wie sie, etwa in medizinischen Belangen, "ein Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins“ quält.
Kontrolle - auch für Ausgegliederte
Besonders eindringlich wirken die geschilderten Beschwerden, wenn es um gesetzliche, gerichtliche oder behördliche Eingriffe in den Kern des privaten Lebens geht, also etwa um Scheidungs-, Unterhalts- und Obsorgefragen. Brinek wörtlich: "Aus vielen Beschwerden wird ersichtlich: Ein wesentliches Kernproblem sind die Gutachter bzw. die Interpretation ihrer Ergebnisse.“ Dazu käme deren berufliche Überlastung, aber auch das Problem von bereits als "untragbar“ beschriebenen Gutachtern. Brinek: "Der Zustand ist höchst unbefriedigend.“
Eingeleitet werden die Schilderungen von einem Text des ORF-Redakteurs Peter Resetarits, abgeschlossen durch ein Interview mit dem früheren Ombudsmann Schwedens, Mats Merlin.
Zu den Realitäten in der Volksanwaltschaft kommt eine "manifeste Vision“ der Volksanwältin: "Die Ausweitung der Kompetenzen der Volksanwaltschaft in Richtung einer unabhängigen, (...), nationalen service-orientierten (Verwaltungs-) Kontroll-Institution, auch für ausgegliederte Unternehmen.“ (c. r.)
Vom wahren Leben im Rechtsstaat
Aufzeichnungen einer Volksanwältin.
Mit einem Beitrag von Peter Resetarits.
Von Gertrude Brinek, Styria Premium 2012;
272 Seiten, gebunden, e 24,99
