Vorsicht Bruchbude!

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Das UN-Hauptquartier in New York symbolisiert den Zustand der UNO: dringend renovierungsbedürftig.

Der Wind heult, und es tropft von der Decke. Abgerissene Stromkabel bewegen sich im Luftzug. Eine Maus rennt über den Gang. Ratternd öffnet sich eine Aufzugstür, acht Fahrgäste zwängen sich heraus. Hinter ihnen wird ein Schild sichtbar: "Nur Fracht - dem Personal ist die Benutzung aus Sicherheitsgründen verboten." Willkommen im Hauptquartier der Vereinten Nationen.

Viele Kritiker der uno sagen, die Organisation sei veraltet und dringend reformbedürftig. Wenn dem so ist, könnte dies nicht besser symbolisiert werden als durch den Zustand der 55 Jahre alten Zentrale. Nach amerikanischen Bau-und Sicherheitsvorschriften müsste der ganze Komplex am East River in New York sofort geschlossen werden: Keine Sprinkleranlagen und kein Feueralarm, dazu Asbest in den Wänden, Wasser im Keller und Löcher im Dach. Nur wenige Tage bevor im vergangenen September 150 Staats-und Regierungschefs in der Halle der uno-Vollversammlung des 60-jährigen Bestehens der Vereinten Nationen gedachten, fiel dort Putz von der Decke. Später kam Regen durchs Dach. Auch in der Kammer des Sicherheitsrates bröckelt es manchmal von oben. "Achtung Steinschlag!", müsste es eigentlich am Eingang heißen.

Kein Wasser am Klo

Heizung und Klimaanlage funktionieren nicht mehr richtig, so dass sich Kofi Annans Leute im Winter in Decken wickeln und im Sommer entblättern. Stromausfälle und Telefonstörungen sind häufig. Manchmal kann man sich auf der Toilette nicht die Hände waschen, weil das Wasser versiegt ist. Der einzige Grund, warum das 39-stöckige Hochhaus immer noch benutzt werden darf, ist, dass die us-Behörden nicht zuständig sind: Das uno-Gelände ist internationales Territorium.

Seit elf Jahren plant die uno eine Renovierung des Hauptsitzes. Rund 1,6 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) würde das kosten, und wegen der fortschreitenden Verrottung wird es ständig teurer: Jeden Tag um 225.000 Dollar. Doch noch immer ist unklar, ob die Arbeiten je beginnen werden. Denn die usa wollen als einzige nicht zahlen. "Zu teuer", meint der amerikanische uno-Botschafter John Bolton. Er glaubt, dass es auch billiger ginge.

Um den Amerikanern keinen Grund zur Kritik zu geben, hatte Generalsekretär Annan eigens einen altgedienten New Yorker Bauprojektleiter, Fritz Reuter, mit den Planungen beauftragt. Reuter legte einen "Capital Master Plan" vor, nach dem immer nur zehn Stockwerke des Hochhauses gleichzeitig renoviert werden, so dass nie die ganze uno ausziehen muss. "Alle sind mit allem einverstanden - nur die Vereinigten Staaten nicht", klagte er kürzlich. "Ich bin wirklich frustriert. Das Gebäude fällt auseinander, es ist unsicher." Als daraufhin wieder nichts geschah, trat er zurück.

Umzug nach Bonn?

Die Vereinten Nationen fühlen sich in Amerika mittlerweile so ungeliebt, dass deutsche Diplomaten hin und wieder die Bemerkung fallen lassen, auch in Bonn am Rhein (der früheren deutschen Hauptstadt) sei es doch ganz schön, und dort stünden noch ein paar Häuser leer. Doch bisher ist das Angebot nicht wirklich auf fruchtbaren Boden gefallen. Selbst ein kubanischer Diplomat - sicher kein Freund Amerikas - wendet ein: "I don't like Jägersnitsel."

Der Autor ist dpa-Korrespondent in New York.

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