Innenansicht einer Kirche - © Foto: Pixabay / Johannes Plenio

Weihbischof von Khartum: "Anderen Sudan versprochen"

19451960198020002020

Daniel Adwok Kur, katholischer Weihbischof von Khartum, zur Situation der Christen in der Islamischen Republik und der Haltung der Kirche zu einem eigenständigen, christlichen Südsudan.

19451960198020002020

Daniel Adwok Kur, katholischer Weihbischof von Khartum, zur Situation der Christen in der Islamischen Republik und der Haltung der Kirche zu einem eigenständigen, christlichen Südsudan.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Furche: Herr Bischof, haben Sie im Sudan unter Verfolgung wegen Ihres Glaubens leiden müssen?

Daniel Adwok Kur: Nein, nicht persönlich, aber ich habe natürlich mitgelitten, wenn kirchliche Einrichtungen zerstört und Glaubensbrüder und-schwestern verfolgt wurden. Und ich habe mitgebetet, um Vergebung für unsere Verfolger.

Die Furche: Wie ist die Situation der Christen in der Islamischen Republik heute? Werden noch Kirchen dem Erdboden gleichgemacht und muss die pastorale Arbeit nach wie vor im Untergrund stattfinden?

Kur: Seit dem Friedensabkommen zwischen dem Nord- und Südsudan im Jänner 2005 hat sich die Situation für die Christen im Land verbessert. Im Süden mehr als im Norden, denn dort gilt die Scharia nicht mehr. Aber auch hier in Khartum nimmt der staatliche Druck auf die Christen ab. Ein Zeichen für die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Regierung und Kirche ist, dass sich letzte Woche zum ersten Mal seit 1991 wieder alle katholischen Bischöfe des Landes in der Hauptstadt treffen konnten.

Die Furche: Hat sich die Kirche mit dem Regime arrangiert?

Kur: Es ist nie leicht, in einer Diktatur zu leben. Wenn man dem System zu nahe kommt, wird man manipuliert; wenn man zu weit fern steht, wird man vergessen. Wir müssen einen Mittelweg zwischen diesen beiden Extremen finden. Nach wie vor werden Muslime in der Vergabe von Posten und Stellungen gegenüber Christen bevorzugt. Die Muslime kontrollieren die Politik, die Wirtschaft und Wissenschaft des Landes. Die Christen hingegen kommen fast alle aus der untersten sozialen Schicht des Landes - das ist keine einfache Ausgangsposition.

Die Furche: 2011 soll über die Einheit des Landes oder die Loslösung und Eigenstaatlichkeit des Südens abgestimmt werden. Welche Haltung nimmt die Kirche in dieser Frage ein? Unterstützt die Kirche die Trennung und einen eigenständigen mehrheitlich christlichen Südsudan?

Kur: Wollen wir die Einheit des Landes um jeden Preis? Auch um den Preis, dass alle Nicht-Muslime weiterhin in Sklaverei und ohne Würde leben müssen? Das Friedensabkommen hat einen anderen Sudan versprochen: Einen Sudan, in dem alle Bürgerinnen und Bürger mit den gleichen Rechten und mit Würde leben können. Zweieinhalb Jahre nach dem Abkommen fühlen sich viele Sudanesen betrogen - ihr Leben ist nicht so, wie es ihnen versprochen wurde. An dieser Frage wird sich die Einheit des Landes entscheiden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung