Weltweite Unfreiheit zwischen den Zeilen

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Kritische Journalistinnen und Journalisten sind die größten Gegner politischer Regime auf der Welt. Der Preis für eine umfassende Berichterstattung ist oft Verfolgung, Haft und Folter. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" dokumentiert diese Tatsachen.

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Kritische Journalistinnen und Journalisten sind die größten Gegner politischer Regime auf der Welt. Der Preis für eine umfassende Berichterstattung ist oft Verfolgung, Haft und Folter. Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" dokumentiert diese Tatsachen.

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Falls Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen", schrieb George Orwell in seinem Buch "Animal Farm". Diese Freiheit wünschen sich Journalisten auf der ganzen Welt. In vielen Ländern wird die Freiheit ihnen gewährt, in einigen mit Einschränkungen und in anderen auf der Welt gar nicht. Dennoch hat laut Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte "jeder Mensch das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten." Die Meinungsfreiheit gilt überall.

Ein Blick auf die Weltkarte der Rangliste der internationalen Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" (RoG) zeigt ein anderes Bild. Im afrikanischen und asiatischen Raum steht es um die Pressefreiheit nicht gut. Die Rangliste zeigt die Länder, wo Journalisten etwa durch Autokraten, bewaffnete Auseinandersetzungen und Gesetze unter Druck gesetzt werden und ihrer Arbeit nicht nachgehen können. Dieses jährliche Ranking bewertet die Lage in 180 Ländern und versucht eine schwer fassbare Variable zu messen: die Freiheit. Grundlage für diese Erhebung sind Fragebögen, die an Journalisten, Aktivisten, Menschenrechtsexperten und Wissenschaftler weltweit versendet werden. Gleichzeitig werden auch noch Faktoren der Verletzung der Medienfreiheit, Bedrohungen bewaffneter Gruppen und anderer Interessengruppen miteinbezogen.

Zwischen Freiheit und Unterdrückung

Eine kurze Reise durch drei ausgewählte Länder zeigt die gravierenden Unterschiede der Pressefreiheit. Im Ranking verlor die Türkei 2016 zwei Plätze und nimmt nun Platz 151 ein. Der regelmäßige Eingriff staatlicher Autoritäten in die Pressefreiheit wie etwa Nachrichtensperren oder Klagen gegen ausländische Journalisten lassen das Land im unteren Drittel der Liste aufscheinen. Die schlechte Platzierung kommt nicht von ungefähr. Aktuelles Ereignis ist die Inhaftierung des deutschen Welt-Korrespondenten Deniz Yücel. Dem Journalisten wird "Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung" vorgeworfen.

Die USA liegen laut RoG im Mittelfeld der Pressefreiheit. Große Gefahr für eine Einschränkung der Meinungs-und Pressefreiheit geht von der Überwachung aus, die sich gegen Whistleblower (siehe Fall Edward Snowden) oder investigative Journalisten richtet.

Spitzenreiter ist Finnland. Seit 2009 wird die Rangliste von den Skandinaviern angeführt. Doch auch beim Musterschüler werden Schwachstellen ausgemacht. Alle nationalen Medien sind im Besitz von nur drei Haupteigentümern. Dennoch ist das Printmedienangebot neben dem Internet für die finnische Bevölkerung groß. Für die 5,5 Millionen Menschen gibt es 50 Tageszeitungen und 150 weitere Zeitungen.

Helden und Feinde

Die Geschichte unterscheidet gerne zwischen Gut und Böse. RoG teilt seine Erkenntnisse in "Helden und Feinde der Pressefreiheit".

Als "Helden" werden Journalisten geehrt, die jeden Tag bereit sind ihr Leben zu riskieren und dabei etwa Korruption anprangern. Wie etwa der türkische Investigativjournalist Ismail Saymaz. Aufgrund seiner Berichte über Meinungsfreiheit und Menschenrechte in der Türkei wurde er angeklagt und Todesdrohungen gehören zu seinem Alltag. Ein anderes Beispiel findet sich in der mexikanischen Journalistin Anabel Hernández. Ihre Texte über die Zusammenarbeit von Politikern, Drogenkartelle und Militärs brachten der Frau ein Leben unter Polizeischutz ein.

Ihre Gegner stehen auf einer Liste, der 35 Staats- und Regierungschefs, Extremisten sowie Verbrecherorganisationen angehören. Neue Namen auf der Liste sind der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi und in weiterer Folge auch die Terrormiliz "Islamischer Staat".

Länder wie Russland, China oder die Türkei versuchen, regierungskritische Journalistinnen und Journalisten als Feinde des Staates darzustellen und ihre Arbeit zu kriminalisieren. Pressefreiheit als Verbrechen darzustellen und den Informationsfluss sowohl nach außen als auch nach innen zu stoppen, ist das Ziel solcher Kampagnen.

Saudi-Arabien (Platz 165) sieht die Medien als Erziehungsinstrument. Verboten sind kritische Berichte über die religiösen Führer und ungenehmigte Berichte über Gerichtsverfahren. Bei Gotteslästerung droht sogar die Todesstrafe. Rund 400.000 Internetseiten sind in Saudi-Arabien gesperrt.

Schlusslicht des Rankings bildet Eritrea auf Platz 180: Seit 2001 sind dort private Medien verboten und seit 2010 sind keine ausländischen Korrespondenten mehr im Land. Aktuell befinden sich elf Journalisten in Haft - ohne Kontakt zu ihrer Familie und ihren Anwälten. Viele Journalisten mussten ins Ausland fliehen, wo die eritreischen Behörden sie oft weiter verfolgen.

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