Wem die Post was bringen soll

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Über Werner Faymanns Post-Populismus braucht man nicht viele Worte zu verlieren. Der Kanzler in spe hat einmal mehr mit kreideweicher Stimme gesagt, was bei den Österreichern reingeht wie der erste G’spritzte an einem lauen Sommerabend: Bevor 9000 Postler gehen, müsse eher das Management gehen, keine Schließung von Postämtern bis Mitte 2009 … Der nationale Sozialist Strache hat noch eins draufgelegt: „Die Pleite-Manager (der Staatsbetriebe; Anm.) sollen ins Gefängnis. Sofort“, fordert HChe in Heute, dem Zentralorgan der kritischen Intelligenz des Landes. Warum eigentlich nicht gleich „Hängt sie auf!“?

Interessanter als die Folklore der heimischen Innenpolitik ist die grundsätzliche Frage, inwieweit der Slogan „Die Post bringt allen was“ noch Geltung haben kann. Ab 2011 soll bekanntlich auch das Monopol der Post auf Briefzustellung fallen. Das entspricht der prinzipiell richtigen Logik der EU, dass mehr Wettbewerb Kosten senkt und Qualität steigert. Während es bei Eisenbahnschienen, Wasser- oder Stromleitungen klarerweise keine konkurrierenden Netze geben kann, sind mehrere Zustelldienste nebeneinander selbstverständlich denkbar – und dies nicht nur, wie schon jetzt, bei Zeitungen oder Paketen, sondern bei allen Sendungen.

Gleiche Spielregeln für alle

Idealtypisch betrachtet wäre also alles ganz einfach; im wirklichen Leben stellt sich die Lage, wie immer, komplizierter dar: weil wir ja nicht zur Stunde null uns anschicken, ein wettbewerbsorientiertes Zustellsystem aufzubauen, sondern es darum geht, einen ehemaligen Monopolisten an die Realität der modernen, globalisierten Wirtschaft heranzuführen. Dabei darf es freilich nicht so sein, dass dieser Ex-Monopolist mit dem schweren Rucksack einer Universaldienstverordnung belastet ins Rennen geschickt wird, während die neu hinzukommenden Mitbewerber ohne jedwede Vorgaben leichtfüßig davonsprinten können. Sprich: Entweder gilt die Pflicht zur „flächendeckenden Versorgung“ auch für die „Privaten“ – oder man modifiziert die Universaldienstverordnung.

Viel ist in diesem Zusammenhang vom „ländlichen Raum“ die Rede, der immer dann herhalten muss, wenn Interessenvertretungen, Landes- oder Kommunalpolitiker ihre Pfründe absichern und (teure) Strukturen bewahren wollen, an dem aber sonst kaum jemand Interesse zeigt, wenn er nicht gar als hoffnungslos rückständig, katholisch und patriarchal gilt.

Bergbauern mit Internetanschluss

Nun ist es zweifellos richtig, dass auch die Bergbäuerin im Villgratental ihre Briefe und Pakete zugestellt bekommen soll – auch wenn sie vielleicht gar nicht mehr dem Klischee entspricht, und zwar tagsüber mit der Sense die Wiese mäht, aber am Abend via Internet und Mail Geschäftliches wie Privates erledigt … Doch dass ein Ort sterben soll, weil das Postamt in einen Post-Partner oder eine -Servicestelle umgewandelt wird, mutet seltsam an. Da fällt es wohl schwerer ins Gewicht, wenn die Pfarre verwaist ist und am Sonntag kein Gottesdienst stattfinden kann (aber das ist eine andere Geschichte – das Amtsverständnis der katholischen Kirche ist noch um einiges komplexer als jenes der Post …). Indes, die Menschen gehen nicht wegen des geschlossenen Postamts, auch nicht wegen der unbesetzten Pfarre weg – und nicht einmal, weil vielleicht der Kirchenwirt zugesperrt und stattdessen ein Kebab-Stand eröffnet hat; sondern weil für viele einfach die Stadt bildungs-, berufs- und freizeitmäßig mehr Möglichkeiten bietet.

Der Wandel des ländlichen Raums ist letztlich eine Folge des Wandels in der Landwirtschaft, die viel weniger Menschen beschäftigen kann als früher. Dafür schätzen viele „Städter“ die Lebensqualität des Landes und ziehen „hinaus“. Die sorgen dann schon dafür, dass es die Infrastruktur gibt, die sie brauchen.

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