"Wer nicht brav ist, wird bestraft"

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Vytautas Landsbergis, litauischer Unabhängigkeitsheld, Ex-Parlamentspräsident und EU-Parlamentarier zum Gasstreit.

Die Furche: Herr Landsbergis, Litauen hat während seiner Unabhängigkeitsbestrebungen in den 1990-Jahren unter einer russischen Energieblockade gelitten - erlebten Sie beim ukrainischen Gasstreit ein Déjà-vu?

Vytautas Landsbergis: Natürlich, es ist so wie immer: Wir waren ungehorsam und dafür wurden wir bestraft. In Russland hat sich nichts verändert. Das war die Hoffnung in Westeuropa, und unsere Erfahrungen wurden gerne in den Wind geschlagen - doch jetzt sehen sie es selbst.

Die Furche: Jetzt hat man nach dem Streit zu Jahresanfang gemeint, die Sache sei ausgestanden...

Landsbergis: ...wieder eine Täuschung, die Schlacht wird weitergehen und sie wird härter werden. All das ist doch Teil eines größeren russischen Plans; das Ziel dieses Plans lautet: Wie bekommen wir die Ukraine in unseren Einflussbereich zurück? Hier geht es doch nicht vorrangig um Gas, hier geht es um die russischen Ambitionen, postsowjetisches Gebiet zu dominieren. Und die Ungehorsamen, die sich mehr nach dem Westen orientieren, werden unter Druck gesetzt.

Die Furche: Kann die Europäische Union genug Gegendruck erzeugen?

Landsbergis: Nein, die Position des Westens ist zu unentschieden, das sehe ich auch hier im Europäischen Parlament. Die Ukraine wird derzeit aufgrund ihrer Westorientierung von der russischen Seite bis in ihre Grundfesten hinein durchgeschüttelt und bräuchte eine starke europäische Unterstützung - aber diese ist nur sehr zaghaft.

Die Furche: Warum ist das so?

Landsbergis: Alle reden nur mehr von den Nachteilen der Erweiterung; da wird der ukrainische Wunsch, dass der europäische Weg auch für sie geöffnet wird, in der eu nicht so gern gehört.

Die Furche: Wie soll sich die eu weiter in diesem Streit positionieren?

Landsbergis: Das ist eine Lektion: Die eu dachte, sie bekommt die russische Energie ohne Bedingungen; jetzt sieht sie, es gibt Bedingungen. Unsere Warnungen, aus dem Baltikum, aus ganz Zentraleuropa, dass Russland nichts ohne Bedingungen hergibt, sind nun bestätigt - und die Westeuropäer realisieren das jetzt hoffentlich besser.

Die Gespräche führte Wolfgang Machreich.

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