"Wer protestiert, wird kriminalisiert“

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Natalia Atz von der guatemaltekischen Organisation Ceiba über die Folgen der Rohstoffausbeutung.

Das Gespräch führte Ralf Leonhard

Natalia Atz ist Maya. Sie setzt sich mit ihrer Organisation Ceiba gegen die Entrechtung von Indigenen durch die Aktivitäten internationaler Bergbaukonzerne ein.

DIE FURCHE: Welche Probleme haben die indianischen Gemeinden Guatemalas mit dem Bergbau?

Natalia Atz: Er hat gravierende Auswirkungen auf unsere Territorien und spaltet die Gemeinden. Außerdem kennen wir Studien aus Lateinamerika, wonach der Bergbau zur Wirtschaft unserer Länder fast nichts beiträgt.

DIE FURCHE: Wieso werden die Gemeinden gespalten?

Atz: Manche werden von den Konzernen gekauft. Das sind aber wenige. Die negativen Folgen betreffen alle: die Umweltzerstörung und Wasserverschmutzung. Außerdem: Überall, wo Bergbau betrieben wird, entstehen Bars, wo Schnaps ausgeschenkt wird. Auch die Prostitution wird gefördert. Und die wenigen Männer, die in der Mine Arbeit finden, erkranken nach wenigen Jahren an Staublunge.

DIE FURCHE: Was tut ihr dagegen?

Atz: Guatemala hat das Abkommen 169 der ILO ratifiziert. Das schreibt vor, dass indigene Gemeinden konsultiert werden müssen, bevor so ein Projekt beginnen kann. Das passiert in der Praxis nicht. Wir versuchen daher aufzuklären und dann beraten die Leute darüber. In 67 Gemeinden gab es bereits Volksabstimmungen in öffentlichen Versammlungen. Die sind auch im Gemeindegesetz als Mittel der direkten Demokratie verankert. Da nehmen weit mehr Menschen teil, als bei Wahlen. Diese Versammlungen sind also wirklich repräsentativ. Und in der Regel sind 99 Prozent gegen den Bergbau.

DIE FURCHE: Wurden dadurch schon Bergbauvorhaben verhindert?

Atz: In einigen Fällen haben die Konzerne die Lizenz zurückgegeben, zum Beispiel in Huista im Departement Huehuetenango. In vielen anderen Fällen setzen sich die Konzerne aber durch. Wenn es Widerstand gibt, dann verhängt die Regierung einfach den Ausnahmezustand, der die Versammlungsfreiheit, die freie Meinungsäußerung und andere Rechte suspendiert. Wer trotzdem protestiert, wird kriminalisiert. In San Rafael Los Flores gibt es Widerstand gegen eine Goldmine. Für Innenminister Bonilla sind die Leute, die sich wehren, Terroristen, Drogenhändler und Kriminelle. Es gibt in Guatemala mehrere politische Gefangene, und einige Aktivisten wurden von privaten Sicherheitsleuten getötet.

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