Wie viele Abgeordnete braucht das Land?

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Die Vorschläge kursieren sonder Zahl, wirken etwas willkürlich. So auch jener, die Anzahl der Abgeordneten zum Nationalrat könnte von 183 auf 165 herabgesetzt werden. Dieser Vorschlag geht auf die Zeit vor jener Wahlrechtsreform in den siebziger Jahren zurück, mit der die damalige Sozialistische Partei die Duldung einer von ihr geführten Regierung durch die Freiheitliche Partei erreichte: Damals wurden zugunsten der FPÖ die Anzahl der Abgeordneten eben von 165 auf 183 erhöht, und zwar mit einem plausiblen Grund, der auch heute noch gilt: Mit der Größe eines Parlaments steigt die Wahrscheinlichkeit, die Gesellschaft und damit ein breiter werdendes Parteienspektrum abzubilden.

Tatsächlich hat sich die Anzahl der im Nationalrat vertretenen Parteien - vor allem als Folge eines breiter gewordenen politischen Spektrums - in Österreich von drei auf fünf erhöht. Die klassischen zwei großen Lager, Sozialdemokraten und Volkspartei, wurden kleiner, die Grünen schafften den Einzug und behaupteten sich, von den Freiheitlichen, die in Umfragen als nahezu gleich groß wie SPÖ und FPÖ gehandelt werden, hat sich das BZÖ abgespalten. Und mit der steigenden Anzahl an Fraktionen beginnen die Probleme mit der richtigen Größe des Nationalrates.

Wenige Abgeordnete, viele Ausschüsse

Zur Vorberatung und Behandlung seiner Themen weist der Nationalrat die Agenden Ausschüssen zu, denen zumindest zehn bis zwölf Abgeordnete angehören, einigen davon sogar die dreifache Anzahl. Von diesen Ausschüssen sind in der derzeit laufenden Legislaturperiode über vierzig eingerichtet. Sämtliche Ausschüsse bilden Unterausschüsse, mit Ausnahme des Untersuchungsausschusses. In diesen Feld sind die Enquete-Kommissionen noch nicht eingerechnet, aber das Problem ist klar: Wie sollen kleinere Fraktionen, die etwa ein Dutzend Abgeordnete stellen, sämtliche Ausschüsse besetzen? Wie dann die Unterausschüsse beschicken? Die Sitzungen vorbereiten? Zudem für Sitzungen aus den Bundesländern nach Wien anreisen, selbst wenn dann lediglich eine Konstituierung vorgenommen und eine Tagesordnung für die nächste Sitzung entworfen wird? Wie also sollen kleinere Fraktionen dann parlamentarische Arbeit wahrnehmen, Gesetzesvorlagen lesen, Budgets studieren, Anfragen stellen?

Aus diesen Gründen spricht einiges dafür, die Anzahl an Abgeordneten zum Nationalrat nicht zu vermindern, sondern so groß zu belassen, dass erstens auch kleinere Wählersegmente noch mit einer Fraktion vertreten sein können - und diese dann auch die Chance hat, wirksam zu werden. Dies gehört beraten. Parlamentspräsidentin hat eine Enquete-Kommission zur Demokratiereform vorgeschlagen. (cr)

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