"Wirtschaftsliberaler Ansatz zuerst"

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die furche: "Anders als die anderen zu sein", so hat der Politologe Anton Pelinka vor den letzten Nationalratswahlen den Vorzug des LIF in der furche beschrieben. Beanspruchen Sie dieses Attribut weiterhin für sich?

Alexandra Bolena: Das alte Links-Rechts-Schema gibt es nicht mehr. Und dieses Land bräuchte eine Politik, die nicht mehr in diesen klassischen Ideologien denkt, sondern nach pragmatischen Lösungen sucht. Eine Politik, die sich nicht selber immer wieder in alten Ideologien, Strukturen und Bünden verheddert und dadurch wirklichen Fortschritt verhindert. Das wäre es, was wir in diesem Land tun wollen und was dringend gebraucht würde.

die furche: Ihrer Vorgängerin auf Bundesebene, Heide Schmidt, wurde immer vorgeworfen, sie betone zu sehr das gesellschaftsliberale und zuwenig das wirtschaftsliberale Element des LIF. Ihr Wahlkampf deutet darauf hin, dass Sie das jetzt anders machen wollen.

Bolena: Mir ist beides wichtig. Ich glaube nur, dass es jetzt vernünftiger ist, den wirtschaftsliberalen Ansatz in den Vordergrund zu stellen. Gerade in Wien will ich diesen Aspekt in den Vordergrund rücken, weil ich mir wirklich Sorgen mache, dass rund um uns herum die Entwicklung schneller passiert, als wir es uns mit unseren Sozialpartnern und Kämmerern auch nur ausmalen können.

Die Frage ist, wie wir glauben, am besten diese Wahl gewinnen zu können. Man kann immer nur zwei, drei Themen in den Vordergrund rücken. Und die größten Sorgen der Wiener sind Verkehr und Bürokratie. Ansons-ten haben wir einen bekennenden Schwulen auf der Liste, der einen gezielten Wahlkampf in seiner Community betreibt. Aus strategischen Gründen halte ich es nur nicht für gescheit, jetzt diese Themen zu plakatieren. Denn zuerst einmal muss man wieder gewählt werden, um dann vernünftige Politik machen zu können.

die furche: Alle Umfragen deuten da-rauf hin, dass Sie nicht wieder gewählt werden. Wäre eine Niederlage das Ende des liberalen Projekts in Österreich?

Bolena: Wien ist die letzte Bastion, und wir müssen Wien schaffen, und ich gehe davon aus, dass wir Wien schaffen. Wir wissen auch, wie diese Umfragen zustande kommen. Da werden von 16 Uhr bis 20 Uhr Festnetznummern angerufen. Um diese Zeit sind jedoch jene Leute, die sich ernsthaft überlegen uns zu Aber sonst: Ich will die nicht alle zu Gamsbarthut und zum Schweinsbraten am Sonntag verführen. Jeder und jede soll sein und ihr leben nach der jeweiligen Fason gestalten können. Da ist mir eine multikulturelle Gesellschaft auch recht.

die furche: Gerade mit dieser Bundesregierung sind zum Teil zurecht die Befürchtungen auf Arbeitnehmerseite gewachsen. Die ganzen freien Anstellungsverhältnisse, da gibt es doch auch eine große Unsicherheit. Wie wollen Sie das abfedern?

Bolena: Das sind zwei unterschiedliche Themenbereiche. Einerseits Unternehmen daran behindern, dass sie Kundenwünsche befriedigen, und auf der anderen Seite gibt es Arbeitnehmerschutzbestimmungen. Nur, ein Großteil der Beamtenschaft und der Sozialpartner ist damit beschäftigt, auszuhecken, wann die Konditorei auf- und zusperren darf, und das Ganze zu überprüfen. Und sich zu überlegen, ob man das große Glas Gurken we. Ich möchte, dass diese Menschen dafür sorgen, dass der Arbeitnehmerschutz eingehalten wird und sie sich nicht mit solchen unsinnigen Überbürokratisierungen beschäftigen müssen. Man muss nur schauen, dass nicht die unter die Räder kommen, die sich am wenigsten wehren können. Aber da muss man mehr Kräfte, Energie und Beamte einsetzen, um das sicherzustellen. Aber die würden ja dann freigespielt.

die furche: Ende des liberalen Projekts Bolena: Wien ist die letzte Bastion, und wir müssen Wien schafen und ich gehe davon aus, dass wir Wien schaffen. Wir wissen auch wie diese Umfragen zustande kommen. Da werden vo 16 Uhr bis 20 Uhr Festnetznummern angerufen. Da sind Leute, die sich überlegen uns zu wählen, kaum antreffbar. Aber letztlich, ganz egal wie die Umfragen ausschauen, was bleibt uns und mir über als weiterzumachen. Wir erleben positiven Zuspruch auf der Straße, wir haben Kandidaten in allen Bezirken. Wir wollen etwas erreichen und dafür kämpfen wir. Ich werde sicher immer eine Liberale bleiben. Sollte es wirklich schief gehen - was ich nicht glaube -, werde ich zu einer überzeugten Weißwählerin, weil mir die anderen vier Angebote nicht gefallen.

Ganz bewusst möchte ich mir die Wähler auch von den Grünen zurückholen. Das ist die große weiße Projektionsfläche. Ich halt viel von mitreden und mitgesatalten, nur irgendwann muss ich zu einer politischen Position kommen. Genau davor drücken sich die Grünen. Auch mit ihrer Plakatserie, das sind zwar nette Haderer-Cartoons, aber die Antwort zur Lösung von Problemen ist letztlich auch nicht da.

Heide Schmidt hat ihr Institut einer offenen Gesellschaft, da wird der liberale Gedanke natürlich weitergetragen. Ich würde ihn mir nur auch sehr in der realen Politik verankert wünschen.

Bolena: Rot-Schwarz war in den letzten Jahren in einigen Bereichen ganz erfolgreich, in anderen Dingen ist wirklich gar nichts weitergegangen. Rot-Grün halte ich auch für riskant. Einfach deshalb weil die Grünen nie sagen, wie sie alle ihre grandiosen Ideen finanzieren und umsetzen wollen. Gerade in verkehrspolitischen Fragen muss man sich klar vor Augen führen, dass im Zuge der EU-erweiterung Wien eine zentrale Rolle spielen kann, wenn wir es schaffen, an die transeuropäischen Verkehrsnetze angebunden zu werden. Wenn wir diese Chance verpassen, dazu gehört natürlich eine Wien-Umfahrung, eine Außenringautobahn, dann werden die Verkehrsströme woanders vorbeigehen. Dann haben wir es verpasst. Das wäre die große Sorge, wenn Rot-Grün kommt.

die furche: Ihre politischen Widersacher teilen sich schon ehemalige LIF-Wähler unter sich auf. Gibt es eine Partei, der Sie liberale Stimmen am meisten vergönnen würden?

Bolena: Die Sache ist genau umgekehrt. Wir treten an, um uns Wählerinnen und Wähler zurückzuholen. Jene, die nicht glücklich sind mit der Angstmacherei der Freiheitlichen, die aber auch nicht glücklich sind mit der Neinsagerei der Grünen. Weil grünes Programm hin oder her, irgendwie muss man das auch finanzieren. Ja, ganz bewusst möchte ich mir die Wähler von den Grünen zurückholen. Denn die Grünen positionieren sich als die große weiße Projektionsfläche. Und ich halte zwar viel von mitreden und mitgestalten, nur irgendwann muss ich zu einer politischen Position kommen. Genau davor drücken sich die Grünen - auch mit ihrer Plakat-serie: Das sind zwar nette Haderer-Cartoons, aber die Antwort auf Probleme bieten die letztlich auch nicht.

die furche: Sie bezeichnen die Grünen als weiße Projektionsfläche. Haben nicht die andauernden Streitereien im LIF dazu beigetragen, diese Partei als schwarze Projektionsfläche anzusehen und daher nicht mehr zu wählen?

Bolena: Wir haben in den letzten Jahren viele Fehler gemacht. Marketingtechnische und personelle Fehl-entscheidungen. Aber seit die Frau Hecht mit ihren drei Getreuen die Liberalen verlassen hat, ist das LIF eine geeinte Partei. Auf der anderen Seite muss man das auch historisch betrachten: Wo ist denn die sogenannte Intelligenz in den 30er, 40er-Jahren hinmarschiert? Und eines kommt - was das Potenzial einer liberalen Partei in Österreich im Unterschied zu einer in Deutschland betrifft - noch dazu: Aufgrund der größeren Anzahl von Protestanten in Deutschland hat man dort einen anderen Zugang zum Leistungsgedanken als bei uns im großteils erzkatholischen Österreich.

die furche: Rot-Schwarz oder Rot-Grün - was wäre Ihnen lieber?

Bolena: Rot-Schwarz war in einigen Bereichen ganz erfolgreich. In anderen Dingen ist gar nichts weitergegangen. Rot-Grün halte ich für riskant. Einfach deshalb, weil die Grünen nie sagen, wie sie alle ihre grandiosen Ideen finanzieren und umsetzen wollen. Gerade in verkehrspolitischen Fragen muss man sich klar vor Augen führen, dass im Zuge der EU-Erweiterung Wien eine zentrale Rolle spielen kann, wenn wir es schaffen, an die transeuropäischen Verkehrsnetze angebunden zu werden. Diese Chance zu verpassen, das ist meine große Sorge, wenn Rot-Grün kommt.

Das Gespräch führte Wolfgang Machreich.

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