Wo Öko-Touristen "sauber" bleiben

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Solarenergie, Wasserkraftwerke, Komposttoiletten - zuerst braucht es eine für das Himalaya passende Infrastruktur, dann profitieren Natur, Einheimische und Touristen.

Meldungen über die flächenhafte Abholzung des Himalaya schreckten in den 1970er Jahren die Weltöffentlichkeit auf: Der illegale Holzhandel über die grüne Grenze nach Indien, hirnlose Touristen und rücksichtslose Einheimische galten als Auslöser einer zu erwartenden Klimakatastrophe von globalem Ausmaß. Dreißig Jahre später hat sich der Tourismus vielerorts zu einer Öko-Offensive entwickelt, schützen die Bauern ihre Gemeinschaftsforste und bewirtschaften in Dorfkooperativen ihre Felder.

Nur der Holzeinschlag und illegale Handel mit Bauholz floriert wie eh und je. Auch wenn das Ausmaß der Abholzungen deutlich geringer als seinerzeit befürchtet ausfällt, die Dörfer in den Bergen des Himalaya stehen trotzdem unter heftigem Druck. Die Felderträge halten mit dem Bevölkerungswachstum nicht Schritt und die Subsistenzwirtschaft langt oft nur für fünf oder sechs Monate. Ohne Geldeinkommen können die Familien nicht überleben und die politische Krise, bürgerkriegsähnliche Zustände und Naturkatastrophen von ungeheurem Ausmaß zwingen Familien oft dazu, Raubbau an Wäldern zu betreiben oder mit einer Überdosis Kunstdünger die Ernten kurzfristig zu erhöhen.

Ökologischer Tourismus

"Es ist schon eine sehr entlegene Gegend hier!" Thundu Sherpa, Dorflehrer und Besitzer der bislang einzigen bewirtschafteten Lodge im kleinen Dorf Simigaon, am Fuße des heiligen Berges Gauri Shankar, freut sich über jeden Touristen, der hierher kommt. Früher kamen bis zu 1500 im Jahr, jetzt haben die Maoisten den Bezirk zur "Befreiten Republik Nepal" ausgerufen. Das schreckt ab, nur einige hundert Touristen trecken durch das landschaftlich einzigartige Hügelland. Aber seit etlichen Jahren läuft ein Entwicklungsprojekt im Rolwaling Tal und im südlich gelegenen Hügelland. Nepal pur - wogende Reis- und Getreideterrassen, das bunte Treiben der Dörfer, lärmende Kinder und phantastische Blicke auf die weißen Gipfel. Zusammen mit den Dorfgemeinschaften wird hier ökologisch und kulturell vertretbarer Tourismus aufgebaut. Sanft, mit Maß und Ziel, mit Geduld und Zeit, im Rhythmus des Himalaya.

Das ganze Dorf soll verdienen

Projektträger ist die Gesellschaft für ökologische Zusammenarbeit Alpen-Himalaya, Öko Himal. 1991 starte Öko Himal mit einem kleinen Wasserkraftwerk im Mount Everest Nationalpark und ökologisch orientierten Dorfentwicklungsprojekten im Makalu-Barun Nationalpark. Das Kraftwerk bei Namche Bazar, das 15 Sherpadörfer mit Strom versorgt, feierte eben seinen zehnten Geburtstag. 1995 wurde es von den Österreichern an die "Khumbu Bijuli Company" übergeben, dessen Aktionäre die Dorfgemeinschaften selbst sind. Durch Kochen mit Strom wird der Feuerholzverbrauch reduziert und der Bestand der Gebirgswälder geschützt. Gleichzeitig werden kleinere Gewerbebetriebe und ein ökologisch-verträglicher Tourismus gefördert.

"Jegliche Arbeit erfolgt mit und durch die Dorfgemeinschaften. Wir sitzen stundenlang unter den Bäumen und reden mit den Leuten. Kommunikation und gemeinsame Planung sind das Um und Auf!" Projektleiter Max Petrik ist mit seinem Team in rund 25 Dörfern präsent. Langsam wächst das Projekt in Richtung Tourismus. Zuerst wurde eine Basisinfrastruktur für die Dörfler errichtet - Toiletten, Brunnen, Brücken, Schulen, Wege. Erst dann wurden Lodges und Campingplätze gebaut. Damit sich ein Tourist ökologisch "sauber" verhalten kann, sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Solarenergie, Komposttoiletten, Kochen mit Kerosin, Aufforstungen - Touristen können mit ruhigem Gewissen in den kleinen Öko-Hotels absteigen. Diese gehören den Kooperativen, denn nicht einzelne sollen am Tourismus verdienen, sondern das ganze Dorf.

Um internationale Standards zu erreichen, muss die Qualität der Infrastruktur und der Dienstleistungen verbessert werden, insbesondere fehlt geschultes Personal. Deshalb fördert Öko Himal die Ausbildung von im Tourismus tätigen Personen in den Bereichen: Marketing, Verkauf, Küchenmanagement und Hygiene. Die Ausbildung erfolgt durch die Lektoren der Tourismusschulen Salzburg/Klessheim und die Fachhochschule für Tourismus und der Universität Salzburg.

Nachhaltigkeit = Ziel

Nachhaltiges Wirtschaften ist kein Schlagwort mehr für Sonntagsreden. Seit der un-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 gilt die Nachhaltigkeit aller Maßnahmen als Zielvorgabe, ganz besonders in der Entwicklungszusammenarbeit. Dies betrifft auch die Projekte der Österreichischen Entwicklungsarbeit (oeza), die in Nepal und Pakistan von Öko Himal durchgeführt werden. Sie beruhen alle auf einem Ansatz, der ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Faktoren integriert, um den Menschen im Himalaya langfristig ein besseres Leben zu ermöglichen.

So initiierte Öko Himal ein ländliches Entwicklungsprojekt im Arun Tal, in der Pufferzone des Makalu-Barun Nationalparks. Das Projektgebiet liegt im Nordosten von Nepal, fünf bis sieben Tagesmärsche vom nächsten Straßenanschluss entfernt. Projektschwerpunkte sind die Armutsbekämpfung, der Bau von Wegen und Brücken, die Erhöhung der landwirtschaftlichen Erträge sowie die Förderung zusätzlicher Einkommensquellen. Um die Wälder zu schützen, müssen neue Erwerbszweige für die Dorfbewohner gefunden werden: Medizinalpflanzen, Kardamon und Obst werden kultiviert, aus Allofasern werden Stoffe gewebt und auf den Märkten verkauft. Trinkwasserversorgung, Alphabetisierung, Erwachsenenbildung und lokale Gesundheitsprogramme ergänzen die Entwicklungsarbeit. Alle Aktivitäten werden von Dorfgenossenschaften und Kooperativen partnerschaftlich geplant und durchgeführt.

Von Erdbeben gestoppt

Eine solche mit dem Namen Haashar (Selbsthilfe) ist Öko Himals Partner im Siran Tal, einer bezaubernden Tal- und Hügellandschaft im Norden Pakistans. Dort wird ein Forstprojekt durchgeführt, das durch einen breiten landwirtschaftlichen Ansatz zu einer nachhaltigen Entwicklung führen soll. Das Erdbeben hat die engagierten Bemühungen gestoppt, die Aufbauleistungen weit gehend vernichtet. Sämtliche Häuser in den Dörfern wurden zerstört, ein Großteil der Haustiere ist in den Stallungen umgekommen. Im gesamten Distrikt spricht man von unglaublichen 32.000 Toten!

Über dem Siran Tal liegt Verwesungsgeruch. An Ernte ist nicht mehr zu denken, also gibt es kaum Viehfutter für den Winter. Da schon Schnee fällt, wird alles unternommen, um wenigstens winterfeste Notunterkünfte für die gepeinigten Menschen einzurichten. Eid-ul-Fitr, die höchsten islamischen Feiertage am Ende des Ramadan, unserem Ostern vergleichbar, werden diesmal um den 6. November herum nicht mit der üblichen Freude und Ausgelassenheit begangen werden können.

Der Autor ist Leiter der Abteilung Internationale und Interkulturelle Kommunikation an der Universität Salzburg und Vorsitzender von Öko Himal.

Spenden

für den Wiederaufbau im Siran Talen erbeten auf das Spendenkonto von Öko Himal: Salzburger Sparkasse, BLZ 20404, Konto-Nr. 1500153569

www.ecohimal.org

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