Bald sind sie weniger lustig: Die T-Shirts mit der Aufschrift "Ich war dabei -Bundespräsidentenwahl 2016-2020!" Alle Eide haben die beiden Kandidaten zuletzt geschworen, auf künftige Einsprüche zu verzichten. Der längste Wahlprozess der II. Republik geht Sonntag zu Ende. Eine schwere Geburt!
Ob er, wie VfGH-Präsident Holzinger anlässlich der Aufhebung am 1. Juli verkündet hatte, "das Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie stärken" konnte, bleibt umstritten. Und ebenso, wer die Verantwortung für das Schlamassel trägt: die Wahlleiter und -beisitzer? Das Wahlvolk, das mit seinem so hauchdünnen Votum die politische Begehrlichkeit nach einer zweiten Chance geweckt hat? Oder doch die Höchstrichter, denen ihre Marmortafeln der reinen Lehre wichtiger schienen als die politischen Auswirkungen einer Aufhebung?
Fest steht jedenfalls: Das ist keine Wahlwiederholung mehr, sondern etwas Neues:
Ca. 100.000 Wahlberechtigte können jetzt nicht mehr -oder aber erstmals - mitentscheiden.
Ein neuer Kanzler hat eine andere innenpolitische Dynamik ausgelöst.
Die weltpolitischen Rahmenbedingungen (USA, Brexit, Türkei ) sind völlig andere.
Das Massenphänomen, soziale Netze und Wahlzellen als "Schießscharten" gegen Politik, Medien und "Eliten" zu nutzen, legt inzwischen viel Irrationalität über Demokratien.
Der Überdruss, das Amt des Bundespräsidenten schon über alles Maß hinaus diskutiert zu haben, hat zuletzt die dunkelsten Gespenster des Kommunismus und Nationalsozialismus aus den politischen Giftküchen entweichen lassen.
Enormer Zündstoff
Was immer dieser Wahlsonntag bringen mag: Trotz aller Vorsätze, am Ende gute Verlierer und Gewinner zu sein, bleibt ein enormer Zündstoff. Wie werden jetzt all jene, die im Mai schon den Sieg feierten, ein möglicherweise anderes Ergebnis ertragen? Welche Legenden, welche Klüfte werden künftig das höchste Amt unserer Republik und den politischen Alltag in schwieriger Zeit belasten?
Und das vielleicht Wichtigste: Ist Österreichs Bürgerinnen und Bürgern nach all den Irrungen und Peinlichkeiten überhaupt noch bewusst, worum es an diesem Sonntag eigentlich geht: nicht um einen Volkstribun und Ersatz-Kaiser für kommende Jahre -das hielte unser sensibles Verfassungsgefüge nicht lange aus. Sondern um eine Persönlichkeit, die möglichst viele Annäherungen an ein kompliziertes Geflecht von Fähigkeiten erhoffen lässt: nach außen ein "Gesicht", das unserem Kleinstaat in der Mitte Europas Ansehen und Vertrauen sichert -als Symbol österreichischer Kultur und Lebensart.
Nach innen ein Hüter der Stabilität - Krisenmanager und Mahner. Immer mit Blick auf Gemeinsames -und auf all jene, die keine Stimme haben oder doch zu wenig gehört werden.
Kurzum ein überzeugendes menschliches Vorbild, verbindend, versöhnend. Nicht mehr, aber möglichst auch nicht weniger.
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