Die Wahl ist vorbei. Auf zur Wahl … Nicht nur tausende Auslandsjournalisten berichten aus den USA. Während hierzulande an einer Koalition gebastelt wird, gerät Washington zum globalen Treffpunkt von Politikwissenschaftern, -strategen, -analysten und -beratern jeglicher Parteifärbung.
Die Experten suchen dort neben dem change, den Obama beschwört, vor allem die jüngsten Entwicklungen ihrer Branche - von microtargeting bis exit polls. Fast alle Errungenschaften zum Erreichen und Erfragen von Sieg und Niederlage stammen aus dem Land der unbegrenzten Prognose-Hörigkeit. Für den Master-Lehrgang "Politische Kommunikation" der Donau-Universität Krems bedeutet die US-Exkursion zumindest den emotionalen Höhepunkt des viersemestrigen postgradualen Studiums. Die zwei Dutzend Teilnehmer arbeiten großteils selbst schon in exponierten Positionen - vom Ministersprecher bis zur Nationalratsabgeordneten, von der ORF-Redakteurin bis zum Kollegen von der Kleinen Zeitung.
Unter Leitung des Politikwissenschafters Peter Filzmaier erleben sie das durchaus andere amerikanische Politikverständnis: Coole Dienstleister statt feurige Überzeugungstäter - zumindest hinter den Kulissen. "Der Poll-Vorsprung der Demokraten sagt weniger über die Politik Obamas, sondern mehr über Bush und den Zustand der Republikaner", erläutert Karlyn Bowman, eine führende republikanische Marktforscherin vom American Enterprise Institute schon am Tag vor der Wahl, warum Obama eine demokratische Ära weit über 2016 einläuten könnte. Die aktuelle Generation der 18- bis 29-Jährigen ist zahlenmäßig noch stärker, als es einst die baby boomer waren. Vor allem aufgrund von Hispanics, der am schnellsten wachsenden und bei weitem jüngsten Bevölkerungsgruppe der USA. Zwei Drittel dieser zukunftsprägenden Wählerkohorte wählten diesmal den charismatischen Demokraten.
Stephen Wayne, Professor an der katholischen Georgetown University, erklärt ebenso offen, warum Obama nicht Hillary Clinton zu seiner Vize gekürt hat: "Erstens: Er mag sie nicht. Zweitens: Er will keine potenzielle Konkurrenz im Weißen Haus. Drittens: Er möchte den totalen change." Erstmals seit 1980 stand weder ein Bush noch ein(e) Clinton zur Wahl als (Vize-)Präsident. Der Autor des Standardwerks "The Road to the White House" prophezeit dem designierten mächtigsten Mann der Welt als größte Hürde, was ihm einige Kommentatoren verfrüht zuschreiben: ein post-party-president, der parteiübergreifende nationale Landesvater zu werden. Die Konzentration auf das Duell ums Weiße Haus lenkt ab von der Prägung der US-Politik durch Lobbys und Parteien. Bezüge zu Faymanns Strategie der gegnerischen Umarmung entstehen da nicht nur bei sozialdemokratischen Teilnehmern des in Kooperation mit dem Renner-Institut veranstalteten Lehrgangs "Politische Kommunikation". Einige seiner Studierenden aus dem VP-Bereich besuchen eine Veranstaltung ihrer angestammten Kaderschmiede: Auch die Politische Akademie der Volkspartei ist gerade in Washington.
Peter Filzmaier freut sich unterdessen über den gelungenen Tabubruch: "Vertreter verschiedener Parteien, politische Marketingspezialisten und unabhängige Journalisten in einem Master-Programm vereint: Das ist neu für Österreich und wurde auch für unmöglich in unserer politischen Kultur gehalten. Wir beweisen das Gegenteil. 2009 beginnt der zweite Lehrgang: Yes we can."
|Der Autor ist Lehrgangsmanager für Politische Kommunikation an der Donau-Universität Krems.
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