Kerzen - © Foto: Pixabay

Yissakbar Ben-Yaacov: „Mehr Terror in Europa“

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Der schreckliche Terroranschlag auf die Wiener Synagoge hat zu einem bedauerlichen verbalen Schlagabtausch zwischen Jerusalem und Wien geführt. Ein FURCHE-Interview mit dem Botschafter Israels Yissakbar Ben-Yaacov.

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Der schreckliche Terroranschlag auf die Wiener Synagoge hat zu einem bedauerlichen verbalen Schlagabtausch zwischen Jerusalem und Wien geführt. Ein FURCHE-Interview mit dem Botschafter Israels Yissakbar Ben-Yaacov.

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DIE FURCHE: Der schreckliche Terroranschlag auf die Wiener Synagoge hat zu einem bedauerlichen verbalen Schlagabtausch zwischen Jerusalem und Wien geführt. Sind die österreichisch-israelischen Beziehungen nun noch schlechter geworden?

Yissakbar Ben-Yaacov: Die amtliche Stellungnahme der israelischen Regierung beschränkte sich auf einen Ausdruck des Beileids für die Hinterbliebenen der zwei Todesopfer und Genesungswünsche für die Verletzten. Der Sekretär des Kabinettsrates hat außerdem darauf hingewiesen, daß Israel die PLO für diesen Terrorakt für verantwortlich hält. Deshalb war es um so bedauerlicher, daß diese offizielle Stellungnahme nicht die gebührende Aufmerksamkeit erhielt und inoffizielle Äußerungen zum Anlaß genommen wurden, die leider so formuliert waren, daß sie bei der israelischen Regierung und in der israelischen Öffentlichkeit tiefe Entrüstung verursachten und dann auch dazu führten, daß ich beauftragt wurde, gegen diese Äußerungen schärfsten zu protestieren.

DIE FURCHE: Dieser Protest wurde von Österreich zurückgewiesen. Aber gibt es denn keine Hoffnung, daß wir aus der Phase von Protesten und Gegenprotesten wieder zu konstruktiven Beziehungen kommen können?

Ben-Yaacov: Ich glaube, daß im Grunde sowohl Wien wie auch Jerusalem kein Interesse an einer Verschlechterung der Beziehungen haben können und daß beide Seiten von sich aus das Notwendige tun werden, um zu einer Verbesserung der Atmosphäre beizutragen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch sagen, daß die vielen mir nach dem Attentat aus allen Kreisen der österreichischen Bevölkerung übermittelten Sympathieerweise eines der ermutigenden Elemente in diesen tragischen Tagen waren.

DIE FURCHE: Die einen neigen dazu, „die PLO“ als versöhnungsbereit, die anderen, sie als unversöhnlich hinzustellen. Begehen dabei nicht beide Seiten eine Vereinfachung, da es „die PLO“ als Einheit nicht gibt, sondern nur eine Vielzahl von Gruppen und Flügeln mit unterschiedlichen politischen Zielen?

Ben-Yaacov: Der Herr Bundeskanzler hat seine Linie der PLO gegenüber, wie er mir wiederholt erklärte, in der Hoffnung eingeschlagen, daß eine politisch-diplomatische Unterstützung der PLO zu einer Mäßigung ihrer Politik und zu einer Aufgabe der Israel-Vernichtungsklausel in ihrer Charta führen würde. Diese Hoffnung hat bis zum heutigen Tag leider keine Früchte getragen. Charta und Praxis der PLO haben sich nicht geändert. Von einer „Mäßigung“ kann keine Rede sein. Ungeachtet dessen hat die österreichische Regierung ihre Politik gegenüber der PLO nicht revidiert – wohl in der Überzeugung, daß diese Politik Österreich in der arabischen Welt politische und wirtschaftliche Vorteile gebracht hat. Für Israel ist die PLO weiterhin, als was sie sich gemäß ihrer Charta und ihrem tatsächlichen Verhalten ausgibt: ein Feind Israels, der die Vernichtung des Staates und des Volkes von Israel unnachgiebig verfolgt. Deshalb betrachten wir den Angriff auf die Synagoge in Wien als eine konsequente Aktion der PLO-Politik und eine direkte Folge des PLO-Beschlusses vom 14. August 1981 in Beirut, mit Terrororganisationen in Europa Kontakt aufzunehmen, um die Terroraktivitäten gegen jüdische Gemeinden, die Israel moralisch und materiell unterstützen, zu intensivieren.

DIE FURCHE: Hat Israel ernsthaft Absicht und Hoffnung auf ein Vorantreiben der Gespräche mit Ägypten über eine Selbstverwaltung für die arabischen Palästinenser?

Ben-Yaacov: Die Kontakte zwischen Ministerpräsident Begin und Präsident Sadat in Alexandrien haben zu einer Verbesserung der Atmosphäre und zu einer Vertiefung des Normalisierungsprozesses geführt. Es wurde uns auch versichert, daß die letzten innenpolitischen Ereignisse in Ägypten den Normalisierungsprozeß in keiner Weise beeinträchtigen werden.

DIE FURCHE: Was hält Israel vom jüngsten Plan Saudi-Arabiens für eine Lösung der Nahostfrage?

Ben-Yaacov: Die saudi-arabische Regierung hat ihren sogenannten Plan (im Grunde nichts Neues, sondern die Wiederholung bekannter Thesen) zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, der ihrem Anliegen dienlich sein sollte, massive militärische Anschaffungen in den USA zu tätigen. Die Qualität der saudi-arabischen Vorschläge läßt sich, was uns betrifft, schon allein daraus beurteilen, daß die PLO sie als erste begrüßte.

DIE FURCHE: Aber in britischen Regierungskreisen wurde der Plan als „positiv“, in westdeutschen als „interessant“, in französischen als „sehr wichtig“, vom US-Nachrichtenmagazin „Time“ als „kühn“ bewertet. Woher diese Vokabel?

Ben-Yaacov: Diese Vokabel entspringen einer opportunistischen Motivation, bedingt durch die Tatsache, daß Westeuropa noch mehr als die USA einen hohen Prozentsatz seines Erdöls aus Saudi-Arabien bezieht und sich deshalb veranlaßt sieht, die saudi-arabische Regierung mit Komplimenten zu bedienen. Ich möchte aber gleichzeitig betonen, daß man gewisse Elemente der Saudi-Ideen auch unsererseits nicht unbeachtet läßt.

DIE FURCHE: Welche zum Beispiel?

Ben-Yaacov: Daß darin der Existenz des Staates Israel in gewisser Weise Rechnung getragen wird. Aber in der Grundannahme unterscheiden sich diese Ideen nicht von jenen, die von der PLO vorgetragen werden.

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