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Zerstörung und Not sind geblieben

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Die Hilfsaktion „Nachbar in Not" für Menschen im ehemaligen Jugoslawien feierte am 26. Mai den vierten Jahrestag ihres Bestehens. Die Gemeinschaftsaktion von Caritas, Botes Kreuz und OBF hat als die größte private Hilfsaktion für den Balkan bis heute mehr als eine Milliarde Schilling an Spendengeldern sammeln können.

Mehr als 72.000 Tonnen Hilfsgüter wurden in 3.608 LKW-Ladungen in die Krisengebiete gebracht. Jeder Spender aus Österreich darf beruhigt sein, daß diese Güter den Betroffenen selbst direkt zugute gekommen sind, und daß dies auch in Zukunft der Fall sein wird.

OBF-Landesintendant Kurt Bergmann betonte anläßlich einer Pressekonferenz im Presseclub Concordia, daß dieses Ausmaß an Hilfe eine stolze Bilanz sei und als Zeichen tatkräftiger mitmenschlicher Solidarität höchste Anerkennung verdiene. Aber: „Das Konto PSK 76 00 111 ist nach wie vor offen. Wer immer die Nachkriegsatmosphäre in Österreich erlebt und empfunden hat, weiß, was es für Menschen bedeutet, in einer zertrümmerten Heimat einen Neubeginn zu machen."

„Nachbar in Not" arbeitet nach wie vor in den Krisengebieten mit den nationalen und internationalen Einrichtungen des Roten Kreuzes und der Ca-

ritas zusammen. Gleichfalls gibt es eine Kooperation mit „La Benevolen-tia" von der jüdischen Gemeinde, mit „Merhament" von der moslemischen Gemeinde und mit „Dobotvor" von der serbisch-orthodoxen Gemeinde vor Ort.

Die Hilfe Tausender freiwilliger Helfer in den Krisengebieten selbst hat zusätzlich, dazu beigetragen, daß man rund 300.000 Menschen kontinuierlich und effizient helfen konnte. Daß heute, nach dem Abkommen von Dayton, Hunderttausende Flüchtlinge und Vertriebene, vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen den

Frieden, den sie erhofft hatten, auch tatsächlich erleben können, ist nicht zuletzt durch den Einsatz und die Hilfsmaßnahmen von „Nachbar in Not" möglich geworden.

„Heute geht es um den Wiederaufbau, um ,Ein Dach über dem Kopf im wahrsten Sinne des Wortes", appelliert auch Heinrich Treichl, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes, an Mitarbeiter und Spender der Hilfsaktion.

Der Anblick von Zerstörung und Not machen ein Weiterbestehen und Weiterarbeiten unbedingt erforderlich. „Wenn man Krieg und Gefan-

genschaft wie ich am eigenen Leib erlebt hat, weiß man, daß Menschen, die einen Krieg durchgemacht haben, nicht im Stich gelassen werden dürfen", betont Treichl.

Das Rote Kreuz versorgt nach wie vor die Region von Banja Luka mit 32 Suppenküchen und mit 240 Tonnen Lebensmitteln monatlich. Damit können täglich 23.000 alleinstehende Flüchtlinge mit einem halben Liter warmer Suppe und einem viertel Kilo Brot versorgt werden. Die Fortführung dieses Programms ist durch die Hilfe von „Nachbar in Not" bis Ende des Jahres gesichert. Außerdem wurden in den Monaten April und Mai 100.000 Einweck-Pakete zur Haltbarmachung der Ernte verteilt.

Nach Kroatien gingen insgesamt 32.000 Samenpakete, 100 Tonnen Saatkartoffeln, Babynahrung und Medikamente. Für Serbien und Montenegro ist die Belieferung von Suppenküchen in Vorbereitung, nachdem sich andere Hilfsorganisationen von solchen Aktionen gänzlich zurückgezogen haben.

Franz Küberl, Präsident der Caritas Österreich, sieht die Aktion „Nachbar in Not" nicht als das Etikett einer Hilfeleistung, sondern als die zutiefst menschliche Grundhaltung notleidenden Menschen gegenüber. „Hilfe von außen dringt wie ein Lichtstrahl in die Finsternis von Not und Bedrängnis. Unser Fernziel ist es aber, daß es einmal gar keinen ,Nachbar in Not' mehr geben soll. Bis dahin ist aber noch ein langer Weg. Die Aktion bittet daher weiterhin um Spenden auf das PSK-Konto 76 00 111, damit die Rückkehr in die Heimat und die Eigenversorgung der Flüchtlinge gesichert werden."

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