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Absprungbasis gesucht?

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Nach einem sommerlichen Wortgefecht zwischen ÖVP-General Withalm und ÖGB-Präsident Benya dürfte der Anlaßfall Wirlandner doch im Sinn des ÖGB bereinigt werden, verlautet aus Bankkreisen: Nationalbank- Genera ldirektor Wlr- landner wird aller Voraussicht den für einen Sozialisten freigehaltenen Posten eines Vorstandsdirektors der durch den Koren-Plan neugegründeten Investbank besetzen.

Bekanntlich hatte Benya den Fall Wirlandner noch vor der großen Sommerpause deshalb zum Anlaß für eine Kriegserklärung an die Bundesregierung genommen, weil man dem ÖGB einen Vorstandsposten in der Investbank anbot, sich aber dann gegen den vom Gewerkschaftsbund nominierten Wirlandner sperrte. Vertritt der ÖGB und sein Präsident offiziell den Prestigestandpunkt, dem Gewerkschaftsbund müsse die Nominierung freistehen und er könne sich hier keine Vorschriften machen lassen, so gab die Schärfe der Benya-Reaktion Anlaß zu anderen Kombinationen: Die Drohung des ÖGB-Chefs, der Gewerkschaftsbund werde an keinen Sitzungen der Paritätischen Kommission mehr teilnehmen und die Zusammenarbeit mit der Regierung abbrechen,

falls Wirlandner nicht den Vorstandsjob erhält, ließ Vermutungen auf- kommen, der den ÖGB majorisie- rende SPÖ-Flügel des . Gewerkschaftsbundes suche nach einer Absprungbasis von der Plattform des konstruktiven Regierungskontaktes. Im Laufe der Wochen kristallisierte sich immer mehr die Meinung heraus, es sei SPÖ-Zentralsekretär Probst, der die SPÖ-Gewerkschafter in diese Richtung dränge — es ginge ihm vor allem darum, den äußerst starken SPÖ-Gewerkschaftsflügel im totalen Wahlkampf 1970 einzusetzen.

Nachdem ÖVP-Generalsekretär Vizekanzler Dr. Withalm den ÖGB-

Fehdehandschuh aufgenommen und in einer scharfen Erklärung vor leichtfertigem Spiel mit dem überparteilichen Gewerkschaftsbund gewarnt hatte, nahm Benya dies dankbar zum Anlaß, sich abzusichern. Offensichtlich deutlich gegen die Radikalisierungstendenzen in der Löwelstraße gerichtet, stellte er in einem Rundfunkinterview nachdrücklich die Überparteilichkeit des ÖGB heraus, wobei er natürlich nicht von dem festgefahrenen Prestigefall Wirlandner abrücken konnte. Bei der Volkspartei registrierte man dies mit großer Genugtuung.

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