Barrett - © Foto: APA/AFP/POOL/Jim Lo Scalzo

Amy Coney Barrett: Im Eiltempo zur Höchstrichterin

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Käme es tatsächlich zu einer Anfechtung, könnte dem Supreme Court die Entscheidung zufallen, ob die Wahl 2020 anerkannt oder wiederholt werden muss. Der neu ernannten Höchstrichterin Amy Coney Barrett käme dabei eine Schlüsselrolle zu. Ein Porträt.

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Käme es tatsächlich zu einer Anfechtung, könnte dem Supreme Court die Entscheidung zufallen, ob die Wahl 2020 anerkannt oder wiederholt werden muss. Der neu ernannten Höchstrichterin Amy Coney Barrett käme dabei eine Schlüsselrolle zu. Ein Porträt.

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Der Oberste Gerichtshof der USA ist wieder komplett: Im Eilzugstempo hat der Senat mit einfacher Mehrheit (52:48 Stimmen) die konservative Amy Coney Barrett als neue Höchstrichterin zugelassen. US-­Präsident Trump fiel schon zum dritten Mal in seiner Amtszeit die Rolle zu, jemanden für einen Posten im Supreme Court vorzuschlagen, der in weiterer Folge nur mehr bestätigt werden muss. Die bekennende Katholikin Barrett gilt als restriktive Verfechterin der wörtlichen Rechtsauslegung – was sie zu einem symbolischen Gegenstück zum liberalen Katholiken Joe Biden macht. Als „Originalistin“ verlangt sie, dass die US­Verfassung im ursprünglichen Sinn ihrer Verfasser interpretiert wird.

Das dürfte gerade in Bezug auf Fragen der Anerkennung von Homosexualität, das Recht auf Abtreibung sowie in der Waffenfrage einzementierende Wirkung haben. Ihre Bestellung stellt eine konservative Mehrheit von sechs zu drei Stimmen im obersten Gremium der US­Rechtsprechung her und ist ein deutliches Signal an Trumps Kernwählerschaft. Ihm kommt es angesichts von Corona, einer Rekord­Arbeitslosenquote sowie einer wirtschaftlichen Krise wohl gerade recht, ein Signal von konservativer Stabilität an seine teils zweifelnde Wählerschaft zu senden. Doch könnte hinter der Ernennung ebenso knallhartes Politkalkül stecken: So ist kurz vor dem Wahltag immer noch unsicher, wie Trump im Falle einer Wahlniederlage agieren könnte.

Käme es tatsächlich zu einer Anfechtung, könnte dem Supreme Court die Entscheidung zufallen, ob die Wahl 2020 anerkannt oder wiederholt werden muss. Das von Trump hergestellte konservative Übergewicht schürt Befürchtungen, dass der US­Präsident schon auf eine Nichtigkeitsklage hinarbeitet und eine Niederlage nicht akzeptieren würde. Auch wenn Barrett, wie sie bei ihrer Vereidigung beteuerte, eine unabhängige Rechtsprechung anstrebt, wird der Schatten dieser Ernennung in den kommenden Jahren auf ihr lasten: Als medial hochstilisierte „Marionette Trumps“ oder als bloße Schachfigur im republikanischen Wahlkampf wird sie erst einmal zu beweisen haben, wie neutral und sachlich sie in der Rechtsprechung agieren wird.

Der Autor ist ein römisch-katholischer Theologe, Philosoph und Erwachsenenbildner.

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