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Der Platzhirsch behauptet sich

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Helmut Kohl ist schon lange Bundeskanzler. Für die Wähler wäre ein Wechsel daher sinnvoll gewesen, doch — so heißt es Beim deutschen Nachbarn - habe man sich noch nicht so recht getraut. Schließlich sei Kohl „Vereinigungskanzler“ der beiden Deutschländer, eine Abwahl hätte international kein gutes Bild ergeben.

Der deutsche Stimmbürger - so Norbert Stahl, Chefredakteur der Münchener Redaktion der Katholischen Nachrichtenagentur KNA, zur FURCHE — habe sich letztlich doch noch für das entschieden, was er kenne. In erster Linie habe es sich diesmal, betont Stahl, um „Geldbeutelwahlen“ gehandelt. Der Wähler habe gewußt, daß er zur Kasse gebeten werde. Schwarze und Gelbe (CDU/CSU und FDP) forderten den Solidaritätsbeitrag, Rote und Grüne (SPD sowie Grüne/Bündnis 90) signalisierten Vermögensopfer. „Da fühlte man sich bei Schwarz/Gelb schon besser aufgehoben“, hebt Stahl hervor und fügt hinzu, daß man

es der bisherigen Koalition, zusammengesetzt aus liberalen Wirtschaftsparteien, eher zutraue, mit der Wirtschaftskrise fertig zu werden, als den Rot-Grünen. Ein gewisser Wirtschaftsaufschwung, so Stahl, habe zudem dazu beigetragen, „daß sich letzten Endes der Platzhirsch doch noch behaupten konnte“.

Mit Blick auf Ostdeutschland kommentiert Stahl, daß es unrealistisch gewesen wäre, die alten SED-Leute für verschwunden zu wähnen. „Wie seinerzeit nach dem Krieg die unverbesserlichen Nazis, so gibt es gegenwärtig die alten Kommunisten, die nicht ein

fach von heute auf morgen aussterben.“ Ein gewisses „Wir-Gefühl“ der Ostdeutschen helfe noch zusätzlich der PDS, die als spezifisch ostdeutsche Partei gelte und von diesem Image profitiere. Die SPD, deren Aufgabe es gewesen wäre, die ganze Linke zu eliminieren, habe das nicht geschafft, während die Unionsparteien den rechten Rand, die Republikaner, ausgeschaltet hätten.

Für Stahl ist es eine „Groteske“, wenn ein PDS-Mann, der 81jährige Stefan Heym, traditionell als Alterspräsident den neuen deutschen Bundestag eröffnen wird.

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