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Grivas, den sie riefen...
„Der Krieg kann jeden Augenblick ausbrechen!“ Der Leiter einer türkischen Parlamentsdelegation, die zur UNO entsandt worden war, Uta den Standpunkt Ankaras in der Zypernfrage zu vertreten, hat diesen Satz den Journalisten sicherlich, nicht leichtfertig hingeworfen. Er wußte, was er sagte. Außerdem bestätigte ein Kommunique der griechischen Regierung zur selben Zeit, daß die Lage auf Zypern „äußerst gespannt“ sei. Hüben und drüben wurden die Armeen über Nacht in Alarmbereitschaft versetzt.
Mitte November war es an der Paßstraße von Nikosia nach Larnaka zu schweren Kämpfen zwischen Panzern der griechisch-zypriotischen Nationalgarde und türkischen Wehrbauern gekommen, die offenbar die Griechen provoziert hatten. Ihr Kommandeur, General Grivas, ließ sich als Sieger feiern, während Präsident Makarios um Vermittlung bemüht war. Zu spät, wie es scheint, denn nun gingen die Türken zum Terror über, eine Kettenreaktion von Zwischenfällen rollte ab, die beiden Seiten den Vorwand bot, jeweils die andere der Provokation zu beschuldigen: Die Krise war perfekt.
Wer hat sie gewollt' Offensichtlich keine der beteiligten Regierungen, weder Athen noch Ankara und auch nicht Nikosia, wohl aber Grivas, der „Freiheitsheld“, und sein Anhang. Es zeigt sich, daß Athen schlecht beraten war, als es den General auf die Insel zurückschickte. Heute sind die Griechen Zyperns in
zwei Lager — ein griechisch-nationalistisches und ein zypriotisch-separatistisches — gespalten. Während Grivas, der General, der „es nicht lassen kann“, nach wie vor die Vereinigung mit Griechenland auf seine Fahnen schreibt, hat Erzbischof Makarios, einst Wortführer der Enosis, längst schon Geschmack an der Unabhängigkeit gefunden. Nun aber werden die Zauberlehrlinge in Athen und Nikosia der General nicht los.
Oder doch? Letzten Sonntag flog Grivas überraschend nach Athen, wo er nur von persönlichen Freunden smpfangen wurde. Zweifellos hatten ihn die Machthaber der Militärjunta zum Rapport befohlen. Tags darauf bestellten sie Expremier Pipinelts, einen Vorkämpfer für die Freundschaft mit Ankara, zum Außenminister. Man kann sich denn auch in der Tat schwer vorstellen, daß es ausgerechnet die griechische Diktatur; auf eine Machtprobe mit dem NATO-Partner Türkei ankommen lassen werde. Ankara nämlich scheint diesmal zum äußersten entschlossen zu sein.
Die Vereinten Nationen und ihre „Blauhelme“ auf Zypern sind in einer wenig beneidenswerten Lage. Wenn es ihnen nicht gelingt, den „vaterländischen“ Zyprioten des Präsidenten Makarios ein klares, eindeutiges Übergewicht zu verschaffen, politisch und militärisch, Makarios selbst zu einer vernünftigen Haltung gegenüber den Türken zu bewegen und diesen zu einer akzeptablen Autonomie zu verhelfen, wird es auf der Insel keinen Frieden {(eben.
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