Gustavo Petro Kolumbien - © Foto: APA / AFP / Daniel Munoz

Gustavo Petro: Guerrillero und Präsident

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Ab seiner An­gelobung am 7. August muss sich der designierte kolumbianische Präsident an den hohen Erwartungen seiner Anhängerschaft messen.

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Ab seiner An­gelobung am 7. August muss sich der designierte kolumbianische Präsident an den hohen Erwartungen seiner Anhängerschaft messen.

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Mit der Wahl des 62-jährigen Gustavo Petro schließt sich ein politischer Zyklus von über 50 Jahren in Kolumbien. Am 19. April 1970 hatte ein mutmaßlicher Wahlbetrug den Sieg des von der Linken unterstützten populären Ex-Diktators Gustavo Rojas Pinilla verhindert. In der Folge gründeten Aktivisten die bewaffnete M-19 (Bewegung 19. April) – eine Reaktion auf die augenscheinliche Unmöglichkeit, in Kolumbien mit legalen Mitteln politische Veränderungen zu erreichen. Mit dem Raub des Degens des Befreiungshelden Simón Bolívar und anderen spektakulären, aber unblutigen Aktionen sorgte die Organisation für Sympathien in der breiten Bevölkerung.

Dieser Bewegung schloss sich Gustavo Petro 1978 an, während er offiziell Wirtschaftsstudent war. Jahre später wurde er gefasst, gefoltert und anderthalb Jahre ohne Urteil gefangen gehalten. Dann stieg er in den Führungszirkel der M-19 auf. Nach einem Friedensabkommen 1990 und einer Amnestie jobbte Petro an der kolumbianischen Botschaft in Belgien und studierte in Löwen Bevölkerungsentwicklung und Umwelt. Ab 1991 konnte der Ökonom im Kongress seine rhetorische Kraft entfalten. Erst im Unterhaus, dann im Senat, wo er die Skandale des rechten Ex-Präsidenten Álvaro Uribe und dessen Verstrickungen mit Paramilitärs und Drogenkartellen aufdeckte.

Beim zweiten Anlauf wurde er 2012 zum Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá. 2018 unterlag er Iván Duque, dem Kandidaten des rechten Lagers, erst in der Stichwahl um das Präsidentenamt. Seither schmiedete er Allianzen – den Pacto Histórico – mit progressiven und zentristischen Kräften, um die Wende in einem der konservativsten Länder des Subkontinents mit der größten sozialen Ungleichheit herbeizuführen. Die korrupte, unfähige und autoritäre Amtsführung von Duque hat den Wahlsieg Petros mit Gewissheit erleichtert. Den Vorwurf der Selbstgefälligkeit und des autoritären Auftretens muss sich allerdings auch der designierte Präsident von vielen gefallen lassen, die mit ihm gearbeitet haben. Ab seiner An­gelobung am 7. August muss er sich auch an den hohen Erwartungen seiner Anhängerschaft messen.

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