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Logik der Unfähigkeit

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Das unfaßbare Geschehen in Bosnien-Herzegowina kann offenbar nur mehr mit Karikaturen beschrieben werden; alles andere würde einen verzweifeln lassen. Die „International Herald Tribune" zeichnet mit einem Volleyballspiel, bei dem einander das fette Europa an der UNO-Seite und der hinter der NATO hopsende US-Präsident Bill CUnton den bosnischen Totenkopf zuspielen, die Lächerlichkeit von sogenannten Giganten.

Wer jetzt fragt, warum nach dem Abschuß eines NATO-Bom-bers und nach der de facto Geiselnahme von UNO-Soldaten die Vereinten Nationen, die USA, die NATO, ganz zu schweigen von Europa, nicht reagieren, verkennt die bisherige Logik des westlichen Verhaltens im Bosnien-Krieg. Noch jede sogenannte friedenserhaltende Aktion von außen wurde verbal sofort heruntergespielt. Als der Nordatlantikrat am 2. August des Vorjahres zum Schutz der Städte Tuzla, Sarajewo, Zepa, Goražde, Bihač und Srebrenica gemäß Sicherheitsratsresolution 836 Luftangriffe androhte, beeilte man sich kurz darauf zu beteuern, daß diese nur der Unterstützung humanitärer Hilfsmaßnahmen dienen, kein militärisches Eingreifen in den Konflikt darstellen sollten, (lenauso hilflos, aber innerhalb der bekannten Containment-Logik, hat Clinton die jüngsten Luftangriffe bei Goražde heruntergespielt: niemand will Partei ergreifen. Wozu dann Verlegenheits-Bombardements?

Jetzt stehen 33.000 UNO-Blau-helme in Ex-Jugoslawien, die dazu da sind, einen Frieden zu sichern - sie sind ja nur peacekeeping forces -, den die serbischen Tschetniks vor der vollen Erreichung ihrer Ziele, Eingliederung der letzten moslemischen Enklaven in Ostbosnien in ihr bisher erobertes Gebiet, nicht wollen, gar nicht wollen müssen, weil sie niemand stoppt. Als zahnlose Tiger oder Papiertiger werden die Blauhelme beschimpft; der Vertrauensverlust von UNO und NATO läßt sich noch gar nicht abschätzen. Wer wird sich noch hilfesuchend an die Weltorganisation wenden, wenn diese nicht nur nicht zu einer Befriedungsaktion bereit und fähig ist, sondern sogar noch die Selbstverteidigung eines Angegriffenen mit einem ^Vaffenboykott verhindert?

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